Wirbel um die Kaffeebohnen

31.05.2000 -  

Weltneuheit in Magdeburger Kaffeerösterei

Mit einer Weltneuheit machten Magdeburger Wissenschaftler und Kaffeeröster Anfang März 2000 auf sich aufmerksam: eine Wirbelschichtkandieranlage. Fachleute des Unternehmens Röstfein Kaffee GmbH und eine Arbeitsgruppe des Instituts für Apparate- und Umwelttechnik um Prof. Dr. Lothar Mörl haben in den zurückliegenden zwei Jahren das Know-How entwickelt. In der Wirbelschicht werden künftig die Bohnen für den aromatischen Rondo Melange geröstet, kandiert und gekühlt. Das Patent ist bereits erteilt.

Spart Zeit und Energie

Bislang sind die kandierten Bohnen für den würzigen Melange-Kaffee auf herkömmliche Art in einem Trommelröstverfahren hergestellt worden. Dieses Verfahren ist zeit- und energieaufwendig und birgt unvertretbar hohe Umweltbelastungen durch Rauchabgase. Mit dem neuartigen Verfahren ist erstmals das schwierige Problem der gesteuerten Kandierung der Kaffebohnen mittels einer Zuckerlösung in der Wirbelschicht großtechnisch gelöst. Eine Reihe von Versuchen hatte nicht nur zum Ergebnis, dass gleichmäßig kandierter und hocharomatischer Kaffee produziert werden kann, sondern sich auch der Zeit- und damit Energieaufwand enorm verringert. Die Röstzeit sinkt von rund 40 auf sechs Minuten. Dadurch verflüchtigen sich weniger Extrakt- und Aromastoffe. Pro Durchlauf schweben 150 bis 200 kg Rohkaffeebohnen bei Temperaturen zwischen 230 und 360 °C im heißem Wasserdampf. Kurz vor Abschluss der Röstung wird Zuckerwasser zugeführt und jede Bohne mit einer karamelisierten Zuckerschicht überzogen. Frischluft kühlt den so aromaversiegelten Kaffee wieder ab.

Abgase für Heizkessel

Bereits Anfang der 80er Jahre durchgeführte Versuche, in der Wirbelschichtanlage auch Bohnen zu kandieren waren gescheitert. In kürzester Zeit verzuckerte die Anlage und eine Reinigung der Abgase zur Gewährleistung des Umweltschutzes hatte es auch nicht gegeben. Mit der Änderung der Grundtechnologie wird heute auch diesem Umstand Rechnung getragen. Durch eine Wärmekopplung beispielsweise wurde der Heizgasverbrauch verringert, da die Röstgase genutzt werden, um den Heizkessel, der den Wasserdampf erhitzt, zu speisen. Weitere technologische Vorteile sind die emissionsfreie Arbeit sowohl im Röst- und Kandierkreislauf als auch im Röstabbruch- und Kühlzyklus, die prozessintegrierte Abgasbehandlung sowie der kompakte Anlagenaufbau. Deshalb förderte auch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt dieses Projekt.

Das "nur" Rösten von Kaffeebohnen in der Wirbelschicht war bereits Anfang der 80er Jahre von den Partnern Röstfein und damals noch Technischer Hochschule entwickelt worden und hatte sich sehr gut bewährt. Die aufwendige Trommelröstung gehörte damit in Magdeburg der Vergangenheit an.

Anfang der 90er Jahre war die Nachfrage nach dem kräftigen Melange-Kaffee von Röstfein praktisch Null. Dies änderte sich in den zurückliegenden fünf Jahren und die Magdeburger Kaffees Rondo Melange und Mona fanden wieder den Weg in die Supermarktregale und auf die Frühstückstische nicht nur ostdeutscher Verbraucher. Der Bedarf an kandierten Bohnen, die bisher aus Spanien bezogen wurden, stieg unerwartet. Röstfein- und Uniforscher sowie Studierende setzten sich zusammen, arbeiteten hart und knüpften mit der Neuentwicklung an gute Erfahrungen und alte Erfolge an. Als die erste Wirbelschicht-Technologie in der Kaffeeröstung zum Einsatz kam sank die Röstzeit von zehn auf knapp vier Minuten. 23 Prozent Energie wurden eingespart. Damals hatte sich Röstfein zum Spietzenbetrieb unter den sieben DDR-Kaffeeröstern gemausert.

Auch heute spielt die Kaffeerösterei im Magdeburger Handelshafen wieder in der Oberliga mit. Internationale Experten haben bereits ein Auge auf die "Melange-Anlage" geworfen. Ihre Inbetriebnahme lockte Kaffeeröster aus ganz Europa in Sachsen-Anhalts Hauptstadt. Erste Lizenzanfragen liegen bereits auf dem Tisch von Manfred Winkelmann, Geschäftsführer der Röstfein Kaffee GmbH. Doch ehe Lizenzen verkauft werden, soll ersteinmal die eigene Anlage ausgelastet werden.

Letzte Änderung: 31.05.2000 - Ansprechpartner: Webmaster