Den Grundstein gelegt

04.09.2000 -  

Universitätsbibliothek erhält neues Domizil

Als bedeutenden Meilenstein der baulichen Entwicklung der Universität und der Landeshauptstadt bezeichneten die Festredner den Neubau der Universitätsbibliothek bei der Grundsteinlegung zum ersten Bauabschnitt im Sommersemester. Kultusminister Dr. Gerd Harms bekräftigte, dass eine Bibliothek das Herzstück einer Universität darstellte, in der Wissen gesammelt und auch genutzt werde. Digitalisierung und weltweite Vernetzung hätten die Rolle der Bibliotheken verändert. Ungeachtet des elektronischen Zeitalters jedoch seien Sammlung und Bereitstellung gedruckter Informationen weiterhin von großer Bedeutung, so der Kultusminister.

Anerkennenswert gewachsen

Bibliotheken seien seit je her Stätten von hohem Symbolwert und kultureller Wirkung, unterstrich Rektor Prof. Dr. Klaus Erich Pollmann, und erinnerte an die großen Buchsammlungen in Alexandria und von Platon. Der Bestand unserer Universitätsbibliothek sei in den zurückliegenden zehn Jahren anerkennenswert gewachsen, aber durchaus noch ausbaubar. Mit Blick auf die immer knapper werdenden Finanzmittel für die Bibliotheken im Land sollten sich die Magdeburger nicht nur an einem schönen neuen Gebäude erfreuen können, sondern müsse dieses auch entsprechende Bücher beherbergen, denn wie schnell veraltet das Wissen.

"Die Notwendigkeit dieses Neubaus besteht", unterstrich Dr. Ekkehard Oehmig, Direktor der Universitätsbibliothek, "weil die vorhandenen Flächen, sowohl im Hauptgebäude als auch in der Fakultätsbibliothek Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften, den Erfordernissen nicht mehr gerecht werden und Erweiterungsmöglichkeiten nicht mehr gegeben sind." Das betreffe in erster Linie die Stellflächen für Bücher und Zeitschriften, die nur noch Platz für ein bis zwei Jahre bieten, es betreffe aber auch alle denkbaren Leistungsangebote der Bibliothek, die nur mit zusätzlichen Räumen zu realisieren sind. Beispeilsweise bestünden derzeit überhaupt keine Möglichkeiten zur Einrichtung spezifischer Nutzerarbeitsplätze wie abgeschlossene Einzelarbeitsplätze oder Gruppenarbeitsräume. Völlig unzureichend sind zur Zeit auch die räumlichen Voraussetzungen für größere Ausstellungen, Vorträge und Nutzerschulungen. Darüber hinaus bringe die Zusammenführung der Bibliothekseinrichtungen in einem Gebäude eine Vereinfachung der Arbeitsabläufe. Die eingesparte Arbeitszeit solle für die Verlängerung der Öffnungszeiten genutzt werden, so der Bibliotheksdirektor.

Gefaltetes Betonband

Der Gebäudeentwurf des Architektenbüros Auer + Weber + Partner aus Stuttgart folgt dem Prinzip der Faltung einer bandartigen Fläche. Dieses "Betonband" wird von der Eingangsrampe spiralförmig um ein Atrium bis zum 3. Obergeschoss "gelegt". Das glasgedeckte Atrium als räumliche Mitte des Gebäudes dient gleichzeitig der Erschließung der verschiedenen Bibliotheksbereiche. Insgesamt entsteht im ersten Bauabschnitt der Bibliothek eine Nutzfläche von 10 200 m2.

Sie kann 1,1 Mio. Bände an Literatur beherbergen. Die Freihandbereiche für die einzelnen Fachgebiete werden im Erdgeschoss und in drei Obergeschossen als offene Bereiche, sogenannte Bibliothekslandschaften, untergebracht sein. Verwaltung und Buchbearbeitung finden im Erd- und Untergeschoss ihr Domizil, das Magazin wird im Kernbereich des Untergeschosses sein. Die Universitätsbibliothek soll mit ihrem Gesamtbestand, ausgenommen der medizinischen Literatur, im Neubau Platz finden. Sie wird über 600 Leseplätze, 60 abgeschlossene Einzelarbeitsplätze, 30 Arbeitsplätze in Guppenarbeitsräumen und 60 OPAC-Plätze verfügen. An 250 PC-Arbeitsplätzen können digitalisierte Medien bearbeitet werden. Für sehbehinderte Studierende stehen besondere Computerarbeitsplätze zur Verfügung. Mit einem Mehrzwecksaal für Vorträge und einem beispielsweise für die Präsentation von Ausstellungen geeigneten Foyer soll die Bibliothek auch als Kommunikationszentrum zwischen Universität und Stadt wirken.

Bei einem Kostenansatz von 60 Mio. D-Mark läuft diese Baumaßnahme des Landes, mit finanzieller Unterstützung des Bundes, unter der Projektleitung des Staatshochbauamtes Magdeburg. Die Übergabe des fertiggestellten Bibliothekskomplexes an die Universität ist für Mai 2002 vorgesehen.

Während die Baugrube noch ausgehoben wurde, war bereits der Wettbewerb "Kunst am Bau" für den Neubau ausgelobt. Die Jury zeichnete im Juni 2000 den Entwurf "GEDÄCHTNIS, ein Archiv" der Dessauer Künstlerin Johanna Bartl mit dem 1. Preis aus, der mit 300 000 DM dotiert ist.

Dem Werk liegt eine weltweite Befragung von Personen zu ihren Wünschen, Hoffnungen, dem von ihnen nachzuempfindenden Zustand der Welt und ihrer Person zugrunde. Diese Antworten sollten in einem Begriff formuliert werden. Die vorgesehenen 300 Originale im Postkartenformat werden in die Gestaltung der Regalreihen als Poster oder Spruchfläche einbezogen und bilden ein eigenes Archiv. So entsteht eine zweite Bibliothek, die unerwartet oder demonstrativ sichtbar den Leser um eine Antwort bittet und zum Nachdenken anregt. Dieses Durchdringen vom Lesen im Lesen und dessen architektonische Einbindung in die Funktionen der Bibliothek hat die Jury bewogen, sich nahezu bedingungslos für dieses Kunstwerk zu entschieden, wie während der Preisverleihung zu hören war. Seit 1996 arbeitet die Künstlerin an dem Projekt, das eine ernste und stille Arbeit darstellt. An der Südwestfassade im Erdgeschoss wird von außen sichtbar ein Kubus mit Bildschirm installiert, auf dem die Worte in räumlichem Nebeneinander einzeln zeitlich nacheinander jeweils drei Minuten erscheinen. Der Bildschirm soll das Wort des Archivbeitrages sowie den Ort der Niederschrift rund um die Uhr nach außen transportieren und die künstlerische Arbeit für die Öffentlichkeit transparent machen. Zudem wird ein 350-seitiges Buch mit verkleinerten Farbkopien der einzelnen Beiträge den gesamten Archivbestand enthalten. Es soll in knappen Texten den Standort des Archivs, die Universität, die Bibliothek vorstellen und auch in anderen Bibliotheken, Museen und Archiven Platz finden. Vorgesehen ist, das Archiv auch im Internet zu führen.

Letzte Änderung: 04.09.2000 - Ansprechpartner: Webmaster