Ein Geometer aus Leidenschaft

03.06.2002 -  

Zum 65. Geburtstag von Prof. Dr. Bernulf Weißbach

Ich erinnere mich sehr genau. Vor 35 Jahren saß ich in seiner Vorlesung zur Geometrie. So wie ich staunten alle Studenten über das, was uns Bernulf Weißbach mit Witz und "wissenschaftlichem" Humor über Polyeder und deren Abwicklungen, über sich schneidende Ebenen und Simplexinhalte in Räumen konstanter Krümmung an anschaulichem Wissen vermittelte. Seine Geometrie war und ist für die Studierenden des Lehramtes immer eine Geometrie zum Anfassen, Ausprobieren und Selbermachen gewesen. In seinem Arbeitszimmer findet man unzählige Sternpolyeder, Platonische Körper und andere, von Studenten gebaute Körpermodelle. Dass der Wissenschaftler in seiner Lehrtätigkeit dabei immer auch auf den Geometrieunterricht in der Schule verwies, sich leidenschaftlich für die Geometrie als unverzichtbaren Bestandteil universitärer Lehrerausbildung einsetzte, maßgeblich an der Erarbeitung der Ordnung über die Ersten Staatsprüfungen von Lehrämtern in Sachsen-Anhalt Anfang der 90er Jahre beteiligt war, muss als großes Verdienst von Prof. Dr. Bernulf Weißbach für die Profilierung der fachwissenschaftlichen Ausbildung von Mathematiklehrern unbedingt erwähnt werden.

Die Fakultät für Mathematik ehrt am 14. Juni 2002 Prof. Dr. Weißbach anlässlich seines 65. Geburtstages mit einem Festkolloquium. Er selbst wird an diesem Tag seine Abschiedsvorlesung Was mir nicht gelang! halten. Und man wird ihn dabei wieder als einen "Geometer aus Leidenschaft" erleben.

Bernulf Weißbach studierte nach dem Abitur von 1955 bis 1961 an der Friedrich-Schiller-Universität Jena Mathematik. 1961 kam er an die damalige Technische Hochschule "Otto von Guericke" als Assistent, wurde 1969 Oberassistent. Mit der Arbeit Simplexinhalte in Räumen konstanter Krümmung promovierte er 1967. Wesentliche Resultate seiner Dissertation fanden Eingang in die Monografie Funktionalgleichungen mit analytischen Lösungen von Wilhelm Maier und Helmut Kiesewetter. Im Jahr 1979 habilitierte er sich mit einer vielbeachteten Arbeit zum Thema Untersuchungen zu einigen geometrischen Extremalproblemen. Viele Jahre arbeitete Bernulf Weißbach in der von Prof. Dr. Otto Kroetenheerdt geleiteten Forschergruppe Geometrie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg mit. Seit 1983 erhielt er wiederholt Einladungen zu Seminaren und Tagungen am Mathematischen Forschungsinstitut Oberwolfach, die er leider erst ab 1990 wahrnehmen konnte. Schwerpunkt seiner Forschung war zunächst die Differentialgeometrie, später dann widmete er sich Problemen der Geometrie in Räumen beliebiger Dimension.

Im Jahr 1989 wurde Bernulf Weißbach zum außerordentlichen Dozenten, 1992 zum Professor für Geometrie berufen. Er ist Autor und Mitautor von 47 Publikationen. Von 1990 bis 2002 hielt er 23 wissenschaftliche Vorträge auf Tagungen u.a. in Polen, Österreich und Israel. Insgesamt dürften es seit 1961 weit über 100 gewesen sein. Mit seinem Vortrag Wo liegt der Mittelpunkt von Sachsen-Anhalt? für Schüler und Lehrer und Beiträgen in Zeitschriften, wie Praxis der Mathematik in der Schule hat Bernulf Weißbach sich immer auch für den Mathematikunterricht unserer Schulen eingesetzt, für einen anschaulichen Geometrieunterricht in der Schule eine "Lanze" gebrochen. Wir wünschen Professor Weißbach für seinen nun beginnenden (Un)Ruhestand vor allem Gesundheit und viel Zeit und Muße für Familie, Garten, seine Bibliothek und natürlich seine Geometrie.

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