Satirisches "Familienduell" auf Augenhöhe
"Magdeburger Zwickmühle" mit neuem Programm "Niemand liebt DICH - wieso ICH?"
Ich habe es geahnt, dass zu Hans-Günther Pölitz und seinem "Muttilein" (Marion Bach) Tochter, (fast) Schwiegersohn und Schwiegermutter gehören. Und so begegnet man auf der Bühne der "Magdeburger Zwickmühle" im neuen Programm Hans-Günther Pölitz und Marion Bach "ganz in Familie", denn zumindest per Handy ist die heiratswütige Tochter über weite Strecken des neuen politisch-satirischen Programms präsent. Sie fungiert (fiktiv) als "Impulsgeber" für das wie immer von rhetorischer Brillanz (Hans-Günther Pölitz) und konternder Schlagfertigkeit mit unwiderstehlichem "Augenaufschlag" (Marion Bach) getragene Pointenfeuerwerk. Ein Satirespektakel mit intellektuellem Anspruch und ab und zu auch dem "Wildern" in der unerschöpflichen Witz- und Kalauerkruke.
Die Heimatschachtel
Das neue Programm, wiederum mit sehr viel Sympathie für "Muttilein" als stachliger Widerpart des zuweilen sich in der "Macho"-Rolle gefallenden "Papas" von Regina Pölitz sehr genau inszeniert, trägt den beziehungsreichen Titel Niemand liebt Dich - wieso Ich?. Es geht um (Liebes-)Beziehungen. Man nennt diese zum Beispiel "Große Koalition", die alles andere als eine Liebesheirat war (O-Ton Edmund Stoiber) oder um die Beziehungen zwischen Ost und West, die von den "Ossis" mit der "Heimatschachtel"-Rückholaktion (Tempolinsen, Süßtafel, Magdeburger Stadtansichten) initiativreich gestaltet werden.
Es geht aber auch um die "richtige" Liebe, wenn Hans-Günther Pölitz unter den kritischen Augen von "Muttilein" für die bevorstehende Hochzeit seiner Tochter eine Tischrede "probt" und Marion Bach immer und immer wieder das eben Gesagte hinterfragt und infrage stellt, mit oft verblüffend scharfsinniger Logik zerpflückt. Auch diesmal ist dieses Versatzstück aus vergangenen Programmen beste Politsatire, wie auch Hans-Günther Pölitz' Solo, in dem er die Zeit während und nach der Fußball-Weltmeisterschaft unter dem Aspekt von "Patriotismus und Nationalismus" gnadenlos analysiert … Hier zeigt sich die kabarettistische Könnerschaft, ganz ohne den Umweg der "Volltrunkenheit".
"Alte" Melodien
Das Programm, dramaturgisch als "Szenen einer Ehe" geklammert, lässt Marion Bach und Hans-Günther Pölitz als gleichberechtigte (Sparring-)
Partner auf Augenhöhe agieren und beide sind dabei auch musikalisch ein tolles Team. Man teilt sich die Parts am Klavier und setzt mit pointierten Texten auf "alte" Melodien u.a. von Fred Raymond, Johann Strauß und Otto Reutter musikalische Glanzpunkte im Programm, von denen Marion Bachs Doppelkorn - seliges Klagelied Ihr habt mich 100mal belogen besonders unter die Haut geht und das Duett Wenn die Angie mit dem Münti zur hitverdächtigen Lachnummer wird. Dass Marion Bach auf dem besten Weg zur "Vollblut-Kabarettistin" ist, stellt sie mit umwerfender Komik in einem Solo unter Beweis, in dem sie sich zunächst mit satirischem (Quer-)Verweis auf Günther Grass zu ihrer SS-Vergangenheit bekennt ("Simson-Suhl"-Tanzgruppe). Mit Tutu und "Schwanensee" erklärt sie mit überraschenden und treffsicheren Anmerkungen, wie in der Großen Koalition der "Pas de deux" und andere Trippel-Schritte beherrscht werden. Man kann diese satirische "Eheberatung" nur weiterempfehlen, auch wenn "Muttilein" mit Scheidung droht. Im Gegensatz zu den vielen (politischen) Wahrheiten in diesem neuen Programm war dies wohl nicht ernst gemeint. Das stimmt für die Fortsetzung in einem Jahr sehr optimistisch!