Studentische Lästereien
"Wir lästern niemals CONTRA, wir lästern immer PRO" - 35 Jahre "Prolästerrat für Studienungelegenheiten"
Ich erinnere mich noch genau. Vor der mit Spannung erwarteten Premiere des Programms Vertrauen ist gut - Kontrolldienst ist besser! pflanzte man vor dem Hörsaal 5 auf dem Gelände des Hochschulcampus eine "Lästertanne". Sie wurde zum Logo auf den Billetts, die über viele Jahre die Form einer Lochkarte hatten, für die Aufführungen des "Prolästerrats für Studienungelegenheiten".
Theater im Keller
Der Magdeburger Schauspieler Arnim Winkler und einige kulturbegeisterte "Jugendfreunde" hatten die Idee zur Gründung eines Studentenkabaretts. Man versicherte sich der Unterstützung von "ganz oben" und wählte den 7. März 1972 als "geschichtsträchtiges" Datum ("Geburtstag" der FDJ) für die Premiere im eigens für das Kabarett geschaffenen Domizil, dem späteren Studentenclub Kellertheater unterm Hörsaal 5.
20 Jahre war das Kellertheater mit seinem einmaligen Ambiente Spielstätte und mit der Premiere des Programms Neuland unterm Fluch wurde 1993 das CampusTheater zur "Heimat" des neben dem Kabarett "Der Roh(r)stock" ältesten Studentenkabaretts Deutschlands. In den 70er und 80er Jahren dominierten studentische Themen die mehr als 20 Programme. Noch heute erinnert man sich an die Szenen Was gibt's Neues in Machdeburch? und die studentischen Dialoge Günstig - Ungünstig, die in jedem Programm vorkamen und zum Kult wurden. Die Texte, viele davon aus der Feder von Olaf Kirmes, waren immer kritisch und pointiert. Auch wenn sich in den vergangenen 17 Jahren der Inhalt der Programme des "Prolästerrats" gewandelt hat, man mit der politischen "Wende" auch eine "kabarettistische" (Hin-)Wende stärker zum politischen Kabarett vollzogen hat, das "Prolästerrat für Studienungelegenheiten" blieb mit seinen Programmen seinem Credo treu: "Wir lästern niemals CONTRA, wir lästern immer PRO". Die "Lästerer" der ersten Jahre sind heute längst ihrer "Kabarett-Zeit" entwachsen, in ihren Berufen als Diplomingenieur, Mathematiker, Lehrer, Ökonom oder Physiker längst erfolgreich, einige sind sogar Professoren an Universitäten und Forschungsinstituten.
Unvergessen
Geblieben ist eine besondere Art von "Verbundenheit". Zu den Gründungsjubiläen gab es Treffen der Ehemaligen und fast immer die Highlights aus den Programmen der vergangen Jahre und Jahrzehnte in Originalbesetzung(!). Unvergessen das (Schlagzeug-)Solo von Udo Kleinfeld Verdammt ich lieb Dich aus dem ersten Nachwende-Programm Leben mit Kohl in Deutschland, das mit 50 Aufführungen zu den erfolgreichsten Programmen in den 35 Jahren gehört. Stefan Tackes Solo über Jahrestage und kein Ende und Dr. Jürgen Ehnerts Der Streit um den Serganten Micha gehören ebenso dazu wie auch der Dialog Herr Fuchs und Frau Elster mit Dr. Holger Neumann und Heidi Dittmer. Die "Läster"-Gemeinde der Ehemaligen in ganz Deutschland umfasst über 100 Mitglieder. Vor und hinter der Bühne prägten neben Arnim Winkler als "Boß" und Regisseur der meisten Programme vor allem Dr. Claus Huth, Eberhard Lautensack, Heidi Dittmer, Olaf Kirmis, Frank Pohlmann, Jürgen Ehnert, Stefan Tacke, Holger Neumann, Thomas Duckstein, Nancy Maria Brüning und Marko Pohlodek, der heute dem "Verein Prolästerrat für Studienungelegenheiten e.V." vorsteht, das Profil. Das kabarettistische Urgestein Udo Kleinfeld, der 20 Jahre dazu gehörte, schaffte den "Sprung" zu den Profis der "Kugelblitze". Die "Männer" am Klavier waren stets Mangelware, die Abstände zwischen den Premieren oft mehrjährig. Qualität aber garantierten, auch in den vergangenen fünf Jahren, die Pro-"Lästerer" immer, inzwischen in der neuen Spielstätte "Feuerwache". Die ganz junge studentische (mit einem chinesischen Studenten sogar internationale) Kabarettisten-Crew schreibt nun mit Frische und satirischem Biss die "unendliche Erfolggeschichte" des Kabaretts "Prolästerrat für Studienungelegenheiten" weiter.