Vertraulichkeit im Internet
Gesprächsforum des Evangelischen Hochschulbeirats zur Gefährdung eines Grundrechts
Gerade in unserer globalisierten Welt sind wir auf den Schutz unserer Privatsphäre angewiesen. Es ist naiv, zu sagen "Ich habe nichts zu verbergen!". Vielleicht nicht vor der Polizei. Aber doch sonst. Gerade unsere kirchliche Arbeit ist auf solchen Vertrauensschutz angewiesen. Klienten eines Rechtsanwalts sind auf Vertrauensschutz ebenso angewiesen wie Gemeindeglieder: Sie müssen und können darauf zählen, dass der seelsorgerliche Kontakt etwa mit der Pfarrerin, der Austausch über Vorhaben in der Gemeinde usw. nicht fremder Neugier zugänglich sind.
Dass aber andererseits Sicherheitskräfte die Erlaubnis erhalten sollen zur Online-Durchsuchung von Festplatten (wegen der Gefahr von Terroranschlägen!), hat eine immer noch andauernde Diskussion ausgelöst.
Terrorabwehr ist präventiv
Wie kann das so geregelt werden, dass wirklich nur verdächtige Personen überwacht werden? Und nicht auch wir anderen - sozusagen "kollateral", am Rande, mit erfasst werden? Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 27. Februar 2008 das "Grundrecht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme" formuliert. Das ist gut so. Aber wird das ausreichen?
Um Klarheit zu gewinnen, hatte der Evangelische Hochschulbeirat Magdeburg zu einem Gesprächsforum Anfang Juni 2008 eingeladen. Jürgen Schmökel, Direktor des Landeskriminalamtes Sachsen-Anhalt, gab einen Überblick über Herausforderungen und Handlungsmöglichkeiten der Terrorabwehr. Auch in Deutschland muss mit Anschlägen gerechnet werden. Da diese grundsätzlich "weiche Ziele" verfolgen, d.h. möglichst viele Menschen töten und verletzen wollen, ist ein flächendeckender "Objektschutz" unmöglich. Terrorabwehr muss bemüht sein, präventiv zu entdecken, wo Anschläge vorbereitet werden. Das braucht den Zugang zu den Kommunikationsnetzen - also insbesondere zum Internet. Denn die Täter telefonieren nicht mehr im Festnetz oder mit dem Handy.
Professor Jana Dittmann, Prodekanin der Fakultät für Informatik, ist insbesondere mit der technischen Entwicklung der Informationssysteme und deren Absicherungsmöglichkeiten befasst. Sie machte deutlich, dass ein absoluter Vertrauensschutz kaum realisierbar sei. Die Verschlüsselungen (Passwörter!), die professionell genutzt werden, sind zwar äußerst schwer zu knacken.
Es gibt aber schon den "Beruf" des Hackers. Und die "trojanischen Pferde". Das weltweite Netzwerk ist prinzipiell offen, seine technische Fortentwicklung rasant.
Der Landesdatenschutzbeauftragte Dr. Harald von Bose gab darüber Aufklärung, wie faktisch naiv heute jedermann damit umgehe, eigene Daten beim Einkauf, im Chat-room oder auf der eigenen Homepage verfügbar zu machen. Wer sich vor Überwachung schützen will, muss selbst sehr bewusst damit umgehen, welche Mittel er zur Kommunikation nutzt. Aufgabe der Rechtsordnung sei es, die Freiheit und Sicherheit der Bürger zu schützen. Wo Daten von staatlichen Einrichtungen gespeichert werden dürfen, sei der verantwortliche Umgang durch das Berufsethos der Verantwortlichen grundsätzlich gesichert. Wo Pannen passieren, kann der Datenschutz wirksam einschreiten. Die Gefahr liege gegenwärtig nicht darin, dass wir einen "Überwachungsstaat" bekommen (wie es George Orwell einst schilderte) - aber wir leben in einer "Überwachungsgesellschaft". In der Wirtschaft, in den Kommunikationssystemen lägen die größeren Gefahren.
Es war ein spannender Abend, natürlich mit Rückfragen auch danach, wie viel Daten uns für die Flugsicherheit z.B. abverlangt werden oder wie streng geheim die Daten auf einer Gesundheitskarte wohl bleiben würden. Es wird des Engagements gerade auch der Glieder unserer Gemeinden, der Studenten unserer Hochschulen bedürfen, dass die technischen Möglichkeiten von Internet und Kommunikation so kontrolliert werden, dass das "Grundrecht des Vertrauensschutzes" tatsächlich gewährleistet wird.