Ein Schritt zurück

Auszüge eines Offenen Briefes des Rates des Konvents wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Kultusminister

Sehr geehrter Herr Minister,

die Koalition ist 1994 mit einer Vereinbarung in die Regierungsverantwortung getreten, in der es in den landespolitischen Zielstellungen u.a. heißt: „Das Hochschulgesetz ist schrittweise zu novellieren. Schwerpunkte einer Novellierung sind: Demokratisierung der Hochschulen; Frauenförderung; Verbesserung von Studium und Lehre.“

Bei der Erarbeitung der Novellierung hat es mit Referentenentwürfen bemerkenswerte Ansatzpunkte für die Realisierung der Zielstellungen gegeben. Für die bis zu dem Zeitpunkt September 1996 mögliche Mitwirkung an der Ausarbeitung der Novelle und die konstruktive Zusammenarbeit mit den verantwortlichen Mitarbeitern Ihres Hauses möchten wir uns bedanken. Allerdings hat es nach dem genannten Zeitpunkt für uns keine Möglichkeit der Mitwirkung oder Meinungsäußerung mehr gegeben, weil wir keinerlei Informationen über Neufassungen des Novellierungsentwurfs erhielten. Wie uns erst nach dem 18.6.97 bekannt geworden ist, hat es weitere Entwürfe gegeben. In diesen sind die ursprünglichen positiven Ansätze zu mehr Demokratie und Öffentlichkeit schrittweise zurückgenommen worden.

Zu solcher Verfahrensweise können wir nur unser Befremden äußern.

Der in den Landtag eingebrachte Novellierungsentwurf enthält keinen Punkt mehr für eine Demokratisierung der Hochschulen. Das steht im übrigen im krassen Widerspruch zu Ihrer Presseerklärung vom 5.3.1997: „Ziel der Novelle ist es, die Bedingungen für die Studienreform zu verbessern, die Mitbestimmungsmöglichkeiten ... zu erweitern sowie Gleichstellungsregelungen und damit die Frauenförderung an den Hochschulen des Landes zu stärken. Gleichzeitig sollen den Hochschulen mehr Autonomie und größere Freiräume, vor allem auf dem Gebiet der Finanzverwaltung, eingeräumt werden. ... Die bisherigen Beratungen haben gezeigt, daß die Rektoren die vorgesehene Stärkung der Position des wissenschaftlichen Mittelbaus und der Studentenschaft sowie die Erweiterung der Kompetenzen der Gleichstellungsbeauftragten eher kritisch sehen. Ich halte in allen Punkten der Novelle die vorgesehenen Änderungen für notwendig ...“

Der eingebrachte Novellierungsentwurf wird dem ursprünglich formulierten Anliegen nicht gerecht.

Dr. Carl-Gerhard Winter

Dr. Norbert Weist

Letzte Änderung: 24.09.1997 - Ansprechpartner: Webmaster