Amerika ist überall

13.05.1998 -  

Kabarettgemeinschaft Börde mit 5. Programm

„America is everywhere“. Das ist Botschaft, ist Zeitgeist und in allen Bereichen unseres deutschen „Michel“-Lebens längst Realität – für so manchen auch Alptraum. Und eben in eine solch unwirkliche, vielleicht sogar alptraumhafte, Welt möchten uns die „Drei vom KGB“ mit ihrem neuen Programm „The American Weh of Leid“ oder Endstation Amerika entführen. Diesmal haben sich Bernd Götz und Frank Hengstmann als unschlagbares und satireerprobtes „Dream-Team“ allerbeste Verstärkung aus früheren gemeinsamen Unternehmungen geholt. Und Klaus Schaefer avanciert in diesem schwarzhumorigen Satirespektakel von Beginn an zum Sympathieträger des Zuschauers. Denn der einstige Sänger der Magdeburger Rockgruppe „Scheselong“, mit Kabaretterfahrung aus Berliner Zeit, ist nicht nur in diesem Programm ein exzellenter Musiker und Sänger, sondern ein ebensolch brillanter Spieler mit großer Wandlungsfähigkeit. Ein in dieser Crew gleichberechtigter, schlagfertiger, verschmitzt mit dem Zuschauer kokettierender Vollblutkabarettist.

Virtuelle Reise

Mit diesen drei Satire-Barden, jeder in seiner unverwechselbaren Individualität auch diesmal im Programm vom Texter Bernd Götz herausgestellt, kann man sich beruhigt auf eine virtuelle Reise nach Amerika begeben. Allerdings, das merkt man recht bald, wird diese Reise mehr und mehr eine „deutsche Angelegenheit“. Der etwas beckmesserisch kolportierte Titel des Programms leitet sich aus jenem Schlachtruf ab, der uns bei allem immer zuerst über den großen Teich blicken läßt: „The American Way of Life“ – nach Hollywood, an die Wallstreet, vom Tellerwäscher zum Millionär ...

Bernd Götz hat in diesem Programm eine brillante Idee in Konversations- und Spielszenen umgesetzt. Man beleuchtet typisch deutsche Wirklichkeit in ganz unterschiedlichen Bereichen (Rechtsprechung, Printmedien, Political Correctness, Gesundheitswesen u.a.) aus Satireblickwinkel und merkt plötzlich, daß diese deutsche Wirklichkeit amerikanische Verhältnisse „kopiert“. Oder aus dem Programm zitiert: „Alles was aus Amerika kommt wird damit verwechselt, daß es neu und gut ist!“ Vom Entree, bei dem Götz als zipfelmütziger deutscher Michel auf die cowboybehüteten „Revolverhelden“ Bob (Frank Hengstmann) und Jim (Klaus Schaefer) trifft, und man über die Wurzeln des „Amerikanimus“ räsoniert (nebenbei eine herrliche Persiflage auf die Westernfilm-Flut im Fernsehen) bis zum premierenaktuellen Wahlkampffinale – die Grundidee trägt über weite Strecken das Programm.

Musikalität begeistert

Es ist ein Programm der „intellektuellen Verrücktheit“, eine gekonnte Mischung aus Comedy, Farce, Satire und scharfzüngigem politischem Kabarett, das wiederum seine besondere Publikumswirkung aus der Musikalität seiner Akteure bezieht. Von Country-Musik bis „Time to say good by“ – die neuen, satirischen Texte passen genau auf die Melodien und zum Thema. Und das von Hengstmann und Schaefer hinreißend intonierte „Advokaten-Lied“ (nach „Ich bin der Prodekan“ aus Carl Zellers „Vogelhändler“) wird geradewegs zum Ohrwurm! Als Special gab’s dann am Ende Wahlkampf, natürlich ganz amerikanisch mit Musik und (symbolisch) Konfettiregen. Im Sommer, dann in der Galerie Süd, kommt das Politikerverhalten nach der Landtagswahl auf dem kabarettistischen Prüfstand. Auf Hengstmann, Götz & Co ist Verlaß.

Dr. Herbert Henning

Letzte Änderung: 13.05.1998 - Ansprechpartner: Webmaster