Ein Tag für die Ruhe
Brisanz der Lärmbelästigung verdeutlichen
Erstmals auch in Deutschland hatten für den 29. April 1998 die DEGA (Deutsche Gesellschaft für Akustik) und der DAL (Deutscher Arbeitsring für Lärmbekämpfung e.V.) zum „Noise Awareness Day – Ein Tag für die Ruhe!“ aufgerufen. Die Idee dieses besonderen Tages wurde 1996 von der amerikanischen Liga für Schwerhörigkeit entwickelt und seitdem weltweit von vielen Organisationen und Verbänden unter Einbeziehung der politischen und gesellschaftlichen Öffentlichkeit mit Leben erfüllt.
Warum ein Tag für die Ruhe? „In Deutschland fühlt sich mehr als die Hälfte aller Bürger durch den Lärm mindestens einer Quelle gestört, 20 % der Bevölkerung sind durch den Umweltlärm so erheblich belästigt, daß nicht nur von massiver Beeinträchtigung der Lebensqualität, sondern auch von Gesundheitsbeeinträchtigung gesprochen werden muß“, erklärt Professor Giselher Schuschke vom Institut für Arbeitsmedizin und Hygiene. In seiner ehrenamtlichen Funktion als Vorsitzender des Landesverbandes Sachsen-Anhalt des DAL, des bislang einzigen Landesverbandes der in Düsseldorf ansässigen DAL-Stammorganisation, hat er den internationalen Tag für die Ruhe genutzt, die Brisanz der Lärmproblematik in der Öffentlichkeit deutlich zu machen.
So waren vom DAL Sachsen-Anhalt interessierte Bürger und Experten zu einer Informationstagung in das Umwelthaus Magdeburg eingeladen worden. Eine Besonderheit verband die rund um die Erde Beteiligten an diesem Tag: Eine gemeinsame Ruheminute von 14:15 bis 14:16 Uhr. Mit Ruhe ist allerdings nicht absolute Stille gemeint, die ebenso unerträglich sein kann wie Lärm. Naturgeräusche, Musik in angemessener Lautstärke, eine sanfte allgemeine Geräuschkulisse gehören zum Leben und wirken sich positiv auf die Psyche aus. Es geht vielmehr um die Abwesenheit belästigender, störender, gesundheitsschädigender Schallereignisse.
Immer mehr Freizeitlärm
Jedes Jahr werden in Deutschland 100 00 bis 110 00 neue Fälle von berufsbedingter Lärmschwerhörigkeit gemeldet. Auch im Freizeitbereich nimmt die Zahl der Gehörschäden durch den „Freizeitlärm“ ständig zu; bei Kindern beginnend mit Silversterfeuerwerk und Schießspielzeugen, bei jungen Leuten sich fortsetzend mit dem Musiklärm aus Walkmen und Diskotheken. Der Weg zu einer spürbaren Lärmminderung in unserer alltäglichen Umwelt sei, auch wegen unzulänglicher Gesetzgebung, noch sehr weit, schätzt Professor Schuschke die gegenwärtige Situation ein. Der DAL fordert ein umfassendes Aktionsprogramm zur Lärmbekämpfung an Straße und Schiene, im Luftverkehr, im Industrie- und im Baubereich sowie im Freizeitsektor. „Gründe genug bei längst bekannter Diagnose gemeinsam um neue Therapien zu ringen und öffentlich von jedermann Prophylaxe einzufordern.“ Für den nächsten Tag der Ruhe hat der engagierte Umweltmediziner schon neue Ideen, um möglichst viele Bürger und Verantwortliche noch stärker für diese Problematik zu sensibilisieren.
Kornelia Suske