Computer hilft sehen lernen
Sehstörungen nach Hirnläsionen behandelbar
Am Institut für Medizinische Psychologie ist es einer Arbeitsgruppe gelungen, Computerprogramme zu entwickeln, mit denen Patienten visuelle Störungen, etwa nach einem Schädelhirntrauma oder Schlaganfall unter Anleitung mit Erfolg zu Hause behandeln können.
Jedes Jahr werden rund 300 000 Schädel-Hirn-Verletzte und 200 000 Patienten mit Hirngefäßerkrankungen, beispielsweise nach einem Schlaganfall, in deutschen Krankenhäusern medizinisch betreut. Mindestens bei der Hälfte von ihnen ist von bleibenden Dauerfolgen, wie Lähmungen, Sprachschwierigkeiten, Gedächtnisproblemen und Seh- oder Hörstörungen auszugehen. Noch bis 1980 galt die Ansicht, daß Sehstörungen nach einer Hirnläsion unheilbar sind. Inzwischen gibt es jedoch eine Reihe von Forschungsergebnissen, die zeigen, daß eine Besserung durch eine spezifische Behandlung möglich ist.
Die Magdeburger Arbeitsgruppe unter der Leitung von Dr. Erich Kasten entwickelt und validiert seit nunmehr fünf Jahren computergestützte Diagnose- und Therapieverfahren für Patienten mit Hirnschädigungen. "Zentrales Thema ist die Wiederherstellung ausgefallener Sehleistungen", informiert Institutsdirektor Prof. Dr. Bernhard Sabel, Ph.D. In Zusammenarbeit mit der Universitätsaugenklinik haben die Neurowissenschaftler vor kurzem zwei klinische Studien zu diesem Thema erfolgreich abgeschlossen. Deren Ergebnisse werden in der September-Ausgabe von Nature Medicine veröffentlicht. (Nature Medicine, Vol. 4, Ausgabe vom 1.September 1998)
Signifikante Besserung
Für jeden hirngeschädigten Patienten wird ein individuelles Computer-Trainingsprogramm entwickelt. Ausgangspunkt ist die Ausmessung des Gesichtsfeldes. Auf einer grafischen Karte, die zur Erarbeitung der Trainingsprogramme notwendig ist, wird der Umfang der Ausfälle von Teilen des Gesichtsfeldes (Skotome) und die Lage der für die Therapie wichtigen Übergangszonen dokumentiert. Bislang wurden in Magdeburg ca. 60 Patienten behandelt und dabei signifikante Besserungen des Sehvermögens festgestellt. Die Programme werden so geschrieben, daß sie sich genau auf das Niveau des Benutzers einstellen. Bei richtigen Lösungen wird das Schwierigkeitsniveau immer höher, bei Fehlern wird es wieder leichter.
Bernhard Sabel: "Diese Erkenntnisse unterstreichen die enorme Reparaturfähigkeit des menschlichen Gehirns und schaffen neue Hoffnung für Patienten mit Sehschädigungen."