Leibniz schrieb an Guericke

14.10.1998 -  

Namensgeber wissenschaftlicher Institutionen in Magdeburg vorgestellt (Schluß)

Gottfried Wilhelm Leibniz gilt mit seiner Kreativität und umfassenden Bildung als einer der größten und letzten Universalgelehrten der europäischen Geistesgeschichte.

Neben bahnbrechenden Ideen in mannigfaltigen Wissenschaftsdisziplinen ist sein Beitrag zur Organisation der europäischen Wissenschaft auch heute noch beeindruckend. Sein Nachlaß dokumentiert einen Briefwechsel mit mehr als 1100 Personen, darunter befinden sich fast alle bedeutenden Gelehrten seiner Zeit.

Am 17. August 1671 schrieb Gottfried Wilhelm Leibniz auch an Otto von Guericke und würdigte dessen wissenschaftliche Verdienste mit folgenden Worten: "Wenn M. h. H. nichts anders iemals erfunden oder entdecket hätte, als die Kugel von Wunderlicher würkung zu erleüchtung menschlicher wißenschafft, und die ausschöpfung der Lufft zu vermehrung menschlicher Kräffte, hätte derselbe sich das Menschliche geschlecht genugsam verbunden." Zu jener Zeit wirkte der 1646 in Leipzig geborene Wissenschaftler und Doktor beider Rechte, als Diplomat und Rechtsberater des Kurfürsten von Mainz. In seinen diplomatischen Bemühungen war Leibniz wohl am wenigsten erfolgreich, um so mehr verblüffte er seine Zeitgenossen mit neuartigen Denkansätzen. Bereits 1669 legte er seine Position zur polnischen Königswahl in mathematischer Beweisführung dar, 1675 entwickelte Leibniz die Differential- und Integralrechnung. Der mathematische Terminus Funktion geht ebenso auf Leibniz zurück wie die nach ihm benannte Leibniz-Reihe für ¼/4. Auf philosophischem Gebiet waren seine Hauptarbeitsgebiete die Erkenntnistheorie, das Kausalitätsprinzip sowie die Monadenlehre.

Hofrat und Techniker

Von 1678 bis zu seinem Tode im Jahre 1716 wirkte Gottfried Wilhelm Leibniz als Bibliothekar und Hofrat des Hauses Hannover in Wolfenbüttel und Hannover. In dessen Auftrag sollte er eine Geschichte des Welfenhauses verfassen. Aber Leibniz beschäftigte sich in dieser Zeit auch als Techniker mit der Entwicklung windmühlengetriebener Pumpen, mit welchen er die Harzer Silberbergwerke entwässern wollte. Daneben experimentierte er mit Phosphor und konstruierte hydraulische Pressen, Uhren sowie Fördereinrichtungen für Bergwerke.

Verständlich, daß Kurfürst Georg Ludwig immer wieder auf die Fertigstellung der Geschichte seines Hauses drängte und zeitweise sogar anderweitige Forschungen und Forschungsreisen verbot. In Ergebnis seiner historischen Forschungen publizierte Leibniz mittelalterliche Geschichtsquellen, die Accesiones historicae, Scriptores rerum Brunsvicensum, welche teilweise bis heute noch nicht wieder aufgelegt wurden. Als Geologe verfaßte er die Protogaea, eine Abhandlung zur Erdgeschichte, die auf seinen geologischen Untersuchungen im Harz basiert.

Erster Präsident

Seit 1673 Mitglied der "Royal Society" und seit 1701 der "AcadÈmie des Siences", bemühte sich das Universalgenie auch um die Gründung einer wissenschaftlichen Akademie in Brandenburg-Preußen. Dies gelang durch Vermittlung der hannoverschen Prinzessin und späteren Königin von Preußen Sophie Charlotte. Leibniz wurde der erste Präsident der 1700 gegründeten Societät der Wissenschaften, der späteren Akademie der Wissenschaften in Berlin. Nach mehreren Treffen mit Zar Peter I. entwickelte der rührige Organisator Vorschläge zur Reform des Bildungswesens und der Justiz in Rußland, derentwegen ihn der Zar aller Reußen zu seinem Geheimen Justizrat ernannte.

Das Gesamtwerk des großen Universalgelehrten, es umfaßt immerhin 50 000 Blatt, konnte aufgrund seiner Komplexität bis heute noch nicht voll erschlossen werden.

Die seit 1997 nach Gottfried Wilhelm Leibniz benannte Wissenschaftsgemeinschaft (WGL) ist ein Zusammenschluß von 77 eigenständigen Forschungsinstituten in Deutschland. Sie ging aus einem 1995 als Wissenschaftsgemeinschaft Blaue Liste gegründeten eingetragenem Verein hervor, benannt nach einer 1977 zunächst auf blauem Papier gedruckten Anlage zur "Ausführungsvereinbarung Forschungsförderung". In diese Gemeinschaft wurden nach eingehender Qualitätskontrolle auch ehemalige Forschungseinrichtungen der DDR aufgenommen. Das Leibniz-Institut für Neurobiologie (IfN) Magdeburg – Zentrum für Lern- und Gedächtnisforschung – wurde am 1. Januar 1992 als Nachfolgerin des Instituts für Neurobiologie und Hirnforschung der Akademie der Wissenschaften der DDR gegründet. Es spricht für die Leistungsfähigkeit des Magdeburger Institutes, welches eng mit Wissenschaftlern unserer Universität zusammenarbeitet, wenn dessen Direktor, Prof. Dr. Henning Scheich, gleichzeitig als wissenschaftlicher Vizepräsident der WGL fungiert.

Letzte Änderung: 14.10.1998 - Ansprechpartner: Webmaster