Jeder 15. Disko-Fahrer unter Drogen oder Alkohol

14.01.1999 -  

Studie von Magdeburger Rechtsmedizinern brachte umfassende Daten zu Drogen im Straßenverkehr

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz Mitte Dezember 98 stellten Sachsen-Anhalts Innenministerium und Rechtsmediziner der Universität das Ergebnis des im Mai vergangenen Jahres gestarteten Forschungsprojekts Drogen im Straßenverkehr vor. "Unter Mitwirkung der Polizei wurde am Institut für Rechtsmedizin dieses Forschungsvorhaben initiiert, das in seiner interdisziplinären Auslegung nach wie vor in den neuen Bundesländern einmalig ist und das national, ja sogar international, in der Fachwelt auf ein sehr großes Interesse gestoßen ist", sagte Innenminister Dr. Manfred Püchel eingangs. Mit diesem Projekt sei in Deutschland höchstwahrscheinlich eine der umfassendsten Erhebung repräsentativer Daten über die Häufung des Drogen- und Medikamentenmißbrauchs im realen Straßenverkehr durchgeführt worden.

Gemeinsam mit Polizei

Gemeinsam mit der Polizei haben Wissenschaftler in den vergangenen Monaten bei acht Einsätzen vor Großdiskotheken Kraftfahrer - auf freiwilliger und anonymer Basis - auf Drogenkonsum getestet. Institutsdirektor Professor Dieter Krause erklärte zur Verfahrensweise: "2757 Kraftfahrer wurden nach einem Diskobesuch angesprochen, ein Viertel erklärte sich mit einer anonymisierten Blutprobe einverstanden. Diese wurden auf Alkohol und Drogen untersucht. Das Ergebnis: 34 Proben wiesen eine Alkoholkonzentration von über 0,5 Promille auf, 20 Fahrer hatten Drogen eingenommen - 15 mal Cannabisprodukte." Die hohe Anzahl der motorisierten Diskobesucher, die nicht bereit waren, sich dem Test zu unterziehen, ließe vermuten, so Professor Krause, daß die Dunkelziffer beim Alkohol- bzw. Drogenkonsum doch um einiges höher liege, als es die vorliegenden Ergebnisse zeigen.

Die Disko-Studie ist eine von drei Teilbereichen des einjährigen Forschungsprojektes Drogen im Straßenverkehr. Weiterhin gehören dazu eine Vier-Städte-Studie und eine Unfall-Studie. In Sachsen-Anhalt hat an 28 Tagen - verteilt über ein Jahr - ein Wissenschaftlerteam die Polizei zu jedem Verkehrsunfall in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts begleitet. So wurden 74 Unfälle mit insgesamt 121 unfallbeteiligten Verkehrsteilnehmern untersucht. Von ihnen waren 76 bereit, anonym eine Blutprobe zur Verfügung zu stellen, die auf Alkohol und Drogen untersucht wurde. In zwei Fällen wurden erhebliche Mengen an Cannabisprodukten festgestellt, in zwölf Fällen wurde eine Blutalkoholkonzentration von mehr als 0,5 Promille bestimmt.

An der Vier-Städte-Studie nahmen die Rechtsmedizinischen Institute in Göttingen und Hannover in Niedersachsen sowie in Sachsen-Anhalt Halle und Magdeburg teil. Diese Institute führen in ihren Regionen für die Polizeidienststellen die Blutalkoholbestimmungen durch. Ein Jahr lang wurden in diesen Einrichtungen monatlich 20 Blutproben nach dem Zufallsprinzip ausgesucht, anonymisiert und von den Magdeburger Wissenschaftlern auf Cannabis, Opiate und Bezodiazepine, eine weit verbreitete Wirkstoffgruppe der Beruhigungsmittel, mit modernster Analysentechnik untersucht. Dabei wurde festgestellt, daß in Sachsen-Anhalt jeder 22. alkoholisierte polizeiauffällige Kraftfahrer zusätzlich unter dem Einfluß von Cannabis und Opiaten steht, in Niedersachsen ist es jeder zwölfte.

Sicherheitsrisiko

Der durch das gemeinsame Forschungsprojekt mit den Rechtsmedizinern festgestellte Anteil drogenbeeinflußter Kraftfahrer zeige auf, so der Innenminister, daß Drogen im Straßenverkehr ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellen. Als Konsequenzen für die künftige Polizeiarbeit in der Bekämpfung des illegalen Drogenkonsums nannte er als ein Beispiel, daß in Zusammenarbeit mit den Rechtsmedizinern ein Schulungsprogramm für Polizeibeamte entwickelt wurde, um die Erkennung der Drogeneinnahme bei Verkehrsteilnehmern zu verbessern. Als technische Hilfsmittel sollen dabei ein Drogenvortestgerät aus den USA sowie der Drogenwischer Drug-Wipe zum Einsatz kommen. Letzterer wurde bereits erfolgreich bei dem Disko-Großeinsatz angewendet.

Das gemeinsame Forschungsprojekt mit den Rechtsmedizinern der Universität Magdeburg soll in modifizierter Form auch künftig fortgeführt werden. Nachdem Sachsen-Anhalt als erstes Bundesland noch rechtzeitig mit der Bekämpfung des Drogenmißbrauchs im Straßenverkehr begonnen habe, so Minister Dr. Püchel, gelte es nun, konsequent alle Möglichkeiten im Rahmen der polizeilichen Verkehrsüberwachung und Kriminalitätsbekämpfung auszuschöpfen sowie in Ergänzung dazu weiterhin eine intensive Drogenpräventionsarbeit vor allem an den Schulen sicherzustellen. "Die ersten Erfolge deuten darauf hin, daß wir uns auf dem richtigen Weg befinden."

Letzte Änderung: 14.01.1999 - Ansprechpartner: Webmaster