Ein Dichterfürst
Über Aktivitäten zum Goethe-Jahr
Die literarische Welt feiert 1999 den 250. Geburtstag des Dichterfürsten und bedeutendsten Vertreters der klassischen Literatur Johann Wolfgang Goethe. Auch die Ortsvereinigung Magdeburg der 1885 in Weimar gegründeten Internationalen Goethe-Gesellschaft hat sich auf das Goethe-Jahr vorbereitet und bietet interessante Veranstaltungen. UNI-REPORT sprach darüber mit Dr. Charlotte Köppe vom Institut für Germanistik, Vorsitzende der Magdeburger Ortsvereinigung der Goethe-Gesellschaft.
Welche Aufgaben stellt sich die Goethe-Gesellschaft? Die Goethe-Gesellschaft zählt heute weltweit rund 4500 Mitglieder in 49 Staaten. In Deutschland wirken 52 Ortsvereinigungen mit ca. 800 Mitgliedern. Sie arbeiten selbständig und in Kooperation mit der Weimarer Gesellschaft, die vor allem die internationalen Beziehungen pflegt. Die Ortsvereinigungen entwickeln sehr viele Aktivitäten, um vielen Menschen Goethes Werk nahezubringen und um zu verdeutlichen, was Goethes umfangreiches literarisches, philosophisches und naturwissenschaftliches Werk für das heutige Bild von der Welt und den Menschen bedeutet. Die Goethe-Gesellschaft regt Forschungen an und vergibt, ähnlich wie der Richard-Wagner-Verband, an junge Wissenschaftler alljährlich Stipendien.
Welche Vorhaben bestimmen das Programm der Ortsvereinigung Magdeburg im Goethe-Jahr 1999? Die vielen Veranstaltungen, die in Weimar, Frankfurt/Main aber auch in den anderen Ortsvereinigungen stattfinden, haben neben ihrer literarischen und künstlerischen Bedeutung auch das Ziel, das breite Themenspektrum bei der Beschäftigung mit dem Lebenswerk Goethes aufzuzeigen. Dadurch sollen auch jüngere Leute, vor allem Studierende für die Arbeit in der Goethe-Gesellschaft interessiert und gewonnen werden. Auch unser Magdeburger Ortsverein leidet an ,Überalterung' und deshalb wollen wir durch einige Veranstaltungen verstärkt auf unsere Arbeit aufmerksam machen. Vor allem durch das Institut für Germanistik, und hier ganz besonders durch das Engagement des neuberufenen Literaturwissenschaftlers Prof. Dr. Wolfgang Adam, wird unsere Arbeit sehr unterstützt.
Was heißt das konkret? Prof. Dr. Wolfgang Adam wird eine Ring-Vorlesung, in deren Mittelpunkt das literarische Werk des Dichters steht, anbieten. Studierende und Hochschullehrer des Institutes nehmen im Juni 1999 in Weimar mit eigenen Beiträgen an einem internationalen Symposium zum Thema Goethes Diagnose und die Moderne teil. Wir planen gemeinsame Veranstaltungen mit der Magdeburger Immermann-Gesellschaft und dem Richard-Wagner-Verband Magdeburg. Zum Thema Goethes Faust-Dichtung – ein Angebot zur Überwindung der pessimistischen Phänomene am Ende eines Jahrtausends? werde ich selbst am 29. April 1999 einen Vortrag halten. Und als gemeinsame Veranstaltung mit dem Richard-Wagner-Verband Magdeburg wird ein Liederabend mit Anita Bader, in dessen Mittelpunkt Vertonungen aus dem Goethe-Roman Wilhelm Meister stehen werden, vorbereitet.
Goethes Werke gehören immer noch zu den meistgespielten Klassikern. Vor allem die Jugendwerke, wie Urfaust, Urgötz, erfreuen sich gerade bei einem jugendlichen Publikum großer Beliebtheit. Dabei geht es, wie in Aufführungen der Magdeburger Freien Kammerspiele, ganz schön zur Sache. Wie sehen Sie das? Goethes dramatische Werke haben zu allen Zeiten fasziniert. Vor allem in seinen Jugendwerken ist ein aufklärerischer Drang nach Freiheit, das Sich-Einbringen-Wollen in die Gestaltung einer Gesellschaft, die in Aufbruchstimmung ist, vorhanden. Dieser ,Reiz des Widerspruchs', der Provokation spricht die Jugendlichen an. Ob dies freilich theatralisch immer so exzessiv ausgelebt, so respektlos, spektakulär und manchmal auch orgiastisch vorgeführt werden muß, wie zum Beispiel in den erwähnten Inszenierungen der Freien Kammerspiele, bleibt streitbar und ist auf alle Fälle mit Jugendlichen zu diskutieren. Ich bin sehr gespannt auf das Vorhaben, mehrere Goethe-Stücke zu einer Goethe-Collection als Spektakel XV in den Freien Kammerspielen zu bündeln, aber auch auf das Gastspiel des Anhaltischen Theaters Dessau mit Faust I und Faust II im April zu den Gemeinsamen Theatertagen der Länder Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Da gibt es sicher viel Gesprächsstoff und auch neue Anregungen, sich mit Goethes Werker und seinem Denken auseinanderzusetzen. Und damit ehren wir den deutschen Dichterfürsten wohl am besten.
Das Gespräch führte Dr. Herbert Henning