Erste Schritte zur Kooperation
Besuch Magdeburger Wissenschaftler an syrischen Universitäten weckte beiderseitiges Interesse
Auf Einladung des syrischen Ministeriums für Hochschulwesen besuchten Prof. Dr. Claus Rautenstrauch und Klement J. Fellner von der Fakultät für Informatik syrische Universitäten. In der vergangenen Ausgabe des UNI-REPORTS berichteten sie über ihren Aufenthalt in Lattakia. Hier nur einige Impressionen von der Universität Damaskus.
An der Universität Damaskus gelang es uns, einen kurzfristigen Termin mit dem Rektor, Prof. Dr. Abdul-Ghani Maa Bared, zu vereinbaren. Auch er spricht perfekt Deutsch, da er in Berlin studiert hat. Wie in Lattakia ist die Universität Damaskus an Kooperationen mit ausländischen Universitäten sehr interessiert, wobei die Universität Damaskus bereits einen eigenen Studiengang in Computer Science anbietet. Dieser wird zur Zeit aufgrund fehlender Personalkapazität noch von den Fachbereichen Elektrotechnik und Mathematik in Kooperation angeboten. Hier ergibt sich ein erster Anknüpfungspunkt für einen Wissenschaftleraustausch. Mit insgesamt 75000 Studenten und dem Grundsatz, daß jeder Student, egal welcher Studienrichtung, eine Grundausbildung in Informatik erhalten muß, ergibt sich ein fast unerfüllbarer Lehrauftrag, der vom vorhandenen Personal bewältigt werden muß.
Besonderes Interesse wurde hier am Import von Gastdozenten geäußert. So existiert eine Vereinbarung mit dem DAAD, nachdem die Universität Damaskus pro Jahr vier Deutsche Dozenten einladen darf. Es wäre kein Zufall, wenn hier in naher Zukunft auch ein Informatiker aus Magdeburg dabei ist...
Eine weitere nicht erwartete Tatsache stellte für uns das Vorhandensein einer nationalen Computergesellschaft, die sowohl die Interessen der Universitäten, aber auch der Privatwirtschaft und der Ministerien vertritt, dar. Das Treffen mit einem der stellvertretenden Direktoren der Syrischen Computergesellschaft (SCS), Prof. Dr. Hassan B. Risheh, war insbesondere interessant, da die SCS bereits zum zweiten Mal eine internationale Computerkonferenz in Syrien, die Al-Shaam 99, veranstaltet und dafür internationale Unterstützung sucht. Neben den Möglichkeiten der zielgruppenorientierten Verbreitung der Information in den entsprechenden uns zur Verfügung stehenden Medien konnte auch die Mitarbeit von Professor Rautenstrauch im Programmkomitee der 1999 stattfindenden Konferenz fixiert werden. Nebenbei bemerkt zeigt sich der hohe Stellenwert des Ausbaus der IT-Infrastruktur in Syrien auch in der Tatsache, daß der Vorsitzende der SCS, Dr. Bashar Al-Assad, Sohn des Präsidenten, Hafiz Al-Assad, ist.
Von Vorurteilen und Urteilen über Syrien
Berichtet man im Freundes- und Kollegenkreis, daß man eine Reise nach Syrien plant, so wird dies häufig mit Naserümpfen und "gutgemeinten Sicherheitsratschlägen" kommentiert. Wenn man sich ein einigermaßen objektives Bild von Syrien machen will, dann darf man sich nicht auf die einseitige Berichterstattung in unseren (Massen-)Medien verlassen, die ein politisch gefärbtes Zerrbild Syriens vermitteln. Syrien hat uns sowohl durch die Gastfreundlichkeit der Leute als auch durch die landschaftliche Schönheit beeindruckt. Nicht erwähnen muß man die historische Bedeutung Syriens, dessen heutiges Staatsgebiet fast alle Hochkulturen, von den Sumerern über die Babylonier und Ägypter bis zu den Griechen und Römern, um nur einige zu erwähnen, erlebte. Von der Macht, die zu bestimmten Zeiten von Syrien ausging, zeugen heute noch die große Anzahl von erhaltenen Burgen, Tempeln als auch ganzen Städten.
In Syrien kann man sich frei und ungezwungen bewegen. Man braucht, anders als in anderen Mittelmeerländern, hier nicht befürchten, daß man beraubt, betrogen oder angeschnorrt wird. Militär und Polizei sind selten zu sehen und begegnen Fremden mit ungeahnter Freundlichkeit. Wohlverhalten gegenüber Fremden ist hier eine Frage der Ehre, Gastfreundschaft eine flächendeckende Selbstverständlichkeit. Weiterhin begegnen einem die Syrer mit Offenheit und Toleranz. So ist es für einen Europäer kein Problem, eine Moschee auch von innen zu besichtigen, und die "Kleiderordnung" weicht nicht von der westlicher Länder ab. Zwar sieht man durchaus verschleierte oder kopftuchtragende Frauen, sie sind aber gegenüber den anderen eine klare Minderheit. In Damaskus leben Moslems, Christen und auch einige weinige Juden in friedlicher Koexistenz.
Weiterhin sind die Syrer weder arm noch ungebildet. Ein hoher Bildungsstand bedeutet in Syrien auch hohes Sozialprestige - und Bildung kommt hier deutlich vor Reichtum. Ein Prozent der Bevölkerung sind aktive Studierende. Das Studium ist kostenlos und selbst Wohnheimplätze werden gestellt. Ebenfalls bemerkenswert: An der (technisch-naturwissenschaftlichen) Tishreen-Universität Lattakia beträgt der Studentinnen-Anteil über 60 Prozent!
Fazit: Eine Reise nach Syrien lohnt sich sowohl aus wissenschaftlicher wie auch kultureller Sicht.
Einen etwas ausführlicherer Reisebericht mit vielen Bildern ist auf der Homepage der Wirtschaftsinformatik zu lesen.