(K)ein Sparprogramm
Das "Prolästerrat" lästert wieder
Die Erfolgsstory des Studentenkabaretts "Prolästerrat für Studienun gelegenheiten" der Otto-von-Guericke-Universität begann im März vor 28 Jahren im damaligen KellerTheater mit dem Programm Vertrauen ist gut, Kontrolldienst ist besser und dem Pflanzen einer "Lästertanne". Das Kellertheater gibt es nicht mehr und das in mehr als 20 Jahren gut gediehene Bäumchen fiel den universitären Landschaftsgestaltern zum Opfer. Das Kabarett "Prolästerrat" aber gibt es immer noch und erfreut sich größter Beliebtheit.
Inzwischen präsentierte die stark verjüngte Lästertruppe nach zwei Jahren Pause das 14. Programm unter dem Titel ...und vergebt uns unsere SCHULDen - Ein Sparprogramm. Und wieder war bei den hochmotivierten Laienkabarettisten der beflügelnde Ehrgeiz, an die Erfolge der vorangegangenen vier Nach-Wende-Programme anzuknüpfen. Eine hohe Messlatte, die sich da die Kabarettistencrew um Olaf Kirmis gesetzt hatte, denn "Frontmann" und Erfolgsgarant Udo Kleinfeld, seit 20 Jahren in Sachen Pointen immer verläßlich, ist nicht mit dabei. Und auch der strenge "Prinzipal", Arnim Winkler, konnte an diesem Programm nicht mitwirken.
Die für alle spannende Frage, wie sich die Truppe auf dem glatten Parkett des politischen Kabaretts unter diesen ungewohnten Bedingungen schlagen würde, war bei der Premiere im CampusTheater spätestens zur Pause des zweistündigen Kabarettmarathons zu ihren Gunsten beantwortet. Da nämlich hatten sich Nancy Maria Brüning, Heiko Röhl, Constanze Behrends und Andreas Rußbült am Piano - und ab und an mit zündenden Textbeiträgen auch auf der Bühne - freigespielt, waren die verständliche Nervosität und die anfängliche Unsicherheit wie weggeblasen. So konnten sich dann die wirklich außergewöhnlichen kabarettistischen Talente dieser vier "Neuen" so richtig entfalten. Das satirische Pointen-Feuerwerk, das sie gemeinsam mit den "alten" Lästerern Thomas Niemeck, Marco Pohlodek und Viola Zühlke zündeten, wurde zu einer beifallsbelohnten Ensembleleistung, bei der jeder Einzelne in seiner unverwechselbaren Art zum Gesamterfolg beitrug.
Differenziertheit im Spiel
Augenscheinlich hat Regisseur Frank Pohlmann, "Ex"-Lästerer, gerade auf die ganz unterschiedlichen Charaktere seiner Kabarettisten gesetzt und damit aus allen ein Maximum an Differenziertheit im Spiel herausgeholt. Auch dieses Programm trägt die Handschrift von Olaf Kirmis, der das Gros der Texte, die Ideen für ihre musikalische "Verpackung" und wohl auch für so manche originelle Präsentation auf der Bühne eingebracht hat. Die Texte rund ums Sparen und um Schulden thematisieren aktuelle Politik, auch Probleme der Universität und der Studierenden wie Sparzwänge, Sponsoring, BAföG und Studiengebühren; sie greifen brisantes politisches Zeitgeschehen wie den Kosovo-Einsatz der Bundeswehr oder Frauen in die Bundeswehr, Bestechlichkeit, Untreue, "schwarze Konten", Erscheinungformen von Armut und Arbeitslosigkeit auf. Sie tun dies sehr kritisch und manchmal ganz und gar nicht aufs Lachen ausgerichtet.
Die Musik ist ihre Stärke
Stärken auch dieses Programms sind wieder die musikalischen Nummern. Andreas Rußbült, am Piano und auch schon mal mit der Gitarre, ist dabei ein zuverlässiger Begleiter. Man adaptiert deutsches und russisches Liedgut, bedient sich bei den Prinzen und im Musical Sweet Charity. Dass sich alle dabei professionell und optisch äußerst attraktiv auf dem Podium bewegen, ist wohl auch das Ergebnis der Regie von Frank Pohlmann, der hier eine ausgezeichnete Arbeit geleistet und sehr detailgenau das Nummernprogramm inszeniert hat.
Es zeigt sich auch bei diesem Programm des "Prolästerrats", dass politisches Kabarett witzig und intelligent, anspruchsvoll und unterhaltend sein kann und muss. Diese Art von Unterhaltung hat eben sehr viel mit (politischer) Haltung zu tun. Und das macht den Erfolg dieses Programms wohl auch aus.