E-Mail aus Kanada
Betreff: Uni-Report Von: Ines Perl <ines.perl@xx> An: Niklas Roeber <nroeber@xx>
Hallo Niklas, Professor Thomas Strothotte erzählte mir, dass Sie derzeit als Teil Ihres Computervisualistik-Studiums zu einem Praktikum an der University of British Columbia in Vancouver sind. Da dachte ich mir, Sie einfach mal zu fragen, ob Sie nicht Lust hätten, für den Uni-Report via E-Mail von Ihrem Praktikum zu berichten?
Aber klar doch! Obwohl es sicher etwas schwierig wird, all die vielen Eindrücke in ein paar Zeilen unterzubringen. Aber ich werde es mal versuchen. :-)
Warum haben Sie sich für ein Praktikum an einer kanadischen Universität entschieden?
Ich denke, das ich hier viele neue berufliche und auch persönliche Erfahrungen sammeln kann. Computervisualistik bedeutet ja, irgendetwas mit Hilfe eines Computers zu visualisieren. Und mit dem Anwendungsfach Medizin passt das Praktikum hier in Kanada wie die Faust aufs Auge. Der zweite Grund für die Entscheidung zu einem Auslandspraktikum war, einfach mal über den Tellerrand von Deutschland hinausblicken zu wollen; schauen, was der ,Rest' der Welt macht und andere Kulturen kennenlernen. Das Leben ist hier nicht so sehr anders als zu Hause in Magdeburg, aber ein paar Unterschiede gibt es schon.
Seit wann sind Sie in Vancouver?
Das Praktikum läuft seit dem 13. September 1999 und am 31. März 2000 muss ich wieder zurück. Es wird mir für mein Studium als Praktikumssemester angerechnet.
Wie erfuhren Sie von der Möglichkeit eines Auslandspraktikums?
Ein Praktikumssemester ist ein elementarer Bestandteil des Studienganges Computervisualistik. Von diesem Praktikumsplatz habe ich über Professor Strothotte und Dr. Schirra vom Institut für Simulation und Graphik erfahren. Ausgestattet mit ein paar Namen und Webadressen habe ich mir einige e-mail-Adressen rausgesucht und eine formlose Bewerbung mit Lebenslauf und Infos zum Studiengang Computervisualistik an die Medical Imaging Research Group – kurz MIRG – (http://kepler.physics.ubc.ca/~mirg/) am Vancouver General Hospital hier in Vancouver geschickt.
Dort war man mit Ihrem Praktikumswunsch einverstanden?
Alles war wunderbar. Dann aber kam das Problem mit dem Visum und der Arbeitserlaubnis. Ein erster Kontakt mit der Botschaft und ein paar Studentenaustauschorganisationen war leider negativ: 'Sorry, für dieses Jahr ist alles voll' war die Antwort auf meine Anfrage.
Ich habe es noch über den DAAD versucht. Das hat geklappt. Der Austauschdienst hat mir sogar noch einen Reisekostenzuschuss bewilligt. Ganz besonders dankbar bin ich Frau Bauer vom DAAD, Frau Willms vom Akademischen Auslandsamt unserer Uni und dem Sekretariat des Instituts Simulation und Graphik für die Hilfe bei den Reisevorbereitungen.
Wie ging es weiter?
Ok, nun hatte ich also das Visum, saß im Flieger nach Kanada und wusste nur soviel, als dass mein Praktikum was mit Computern und Nuklearmedizin zu tun haben wird. Die MIRG hat ein neues Verfahren zur Rekonstruktion von nuklearmedizinischen Bildern entwickelt. Meine Aufgabe ist es, die gewonnenen Daten zu visualisieren und zu analysieren. Dazu habe ich ein Programm geschrieben, welches verschiedene Visualisierungsmethoden benutzt. Es ist geplant, dieses Verfahren in naher Zukunft auch in Kliniken zu etablieren. Daher gibt es auch recht häufig Treffen mit Ärzten, um das Programm so zu gestalten, dass es für diese auch sinnvoll in der Anwendung ist. Parallel dazu arbeiten wir an neuen Methoden zur Darstellung solcher Daten unter Verwendung von Methoden der Computational Fluid Dynamics. Das ist aber gerade erst im Entstehen. In diesem Projekt arbeiten wir mit Leuten von der Simon-Fraser-University in Vancouver zusammen.
Haben Sie für Ihre Arbeit weitere Partner?
Die Einrichtung, an der ich arbeite ist Teil des Vancouver General Hospital, welches mit der University of British Columbia zusammenarbeitet. Die Forschungsgruppe selbst besteht aus Dr. Anna Celler, Prof. Ronald Harrop und Studenten der UBC. Kooperationen gibt es auch mit dem Laboratoire Mathematiques pour l'Industrie et la Physique in Tolouse in Frankreich.
Im letzten November war ein erstes Arbeitstreffen, auf dem Sie auch eine Vortrag hielten.
Ja stimmt. Das Treffen fand hier in Vancouver statt und diente dazu, alle miteinander bekannt zu machen und Einblicke in die Arbeit der anderen zu gewinnen. Es wird in Zukunft eine Kooperation mit der Nuklearmedizin in Magdeburg geben, wobei es vorrangig um die Erprobung des neuen Verfahrens an Bildern des Gehirns geht. Die Zusammenarbeit mit der Fakultät für Informatik wird vertieft werden, und es ist geplant, einen Studentenaustausch zu etablieren. Ein nächstes Treffen ist für Mai dieses Jahres in Magdeburg geplant.
Wie sind die Arbeitsbedingungen in Vancouver?
Die Arbeitsbedingungen hier sind prima. Die Menschen sind alle sehr freundlich und höflich. Wir sitzen hier im Research Pavillion des Vancouver General. Die meisten Rechner benutzen Linux, aber wir haben auch zwei MAC's. Mit denen arbeite ich. Die Gammakameras befinden sich im Department of Nuclear Medicine. Für die meisten Experimente benutzen wir eine Siemens ecam.
Und wie gefällt Ihnen Vancouver?
Die Kulisse von Vancouver ist traumhaft. Eine Stadt am Meer mit schneebedeckten Bergen im Hintergrund, umgeben von einem kaltem Regenwald. Vancouver ist eine sehr junge Stadt, gerade mal etwas über 100 Jahre und drittgrößte Stadt Kanadas. Vancouver ist auch eine Einwanderungsstadt. Auf den Straßen hört man alle Sprachen der Welt, aber besonders häufig asiatische. Die Stadt besitzt die zweitgrößte chinesische Enklave der Welt. Mittags sind wir daher auch meistens beim Chinesen oder essen Sushi. Hmmm!
Vielen Dank und noch einige erlebnisreiche Wochen in Vancouver sowie eine gute Heimreise.
Danke!