Informatik-Know-how für Beutekunst-Datenbank
Website www.lostart.de für Recherchen nach verschollenen Kulturgütern
Der Staatsminister und Beauftragte der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien, Dr. Michael Naumann, und der Kultusminister des Landes Sachsen-Anhalt, Dr. Gerd Harms, übergaben Mitte April die Internet-Datenbank "Lost Art Internet Database" der internationalen Öffentlichkeit. Sie ist ein Projekt des Bundes und der Länder zur Erfassung von Kulturgütern, die während der Zeit des Nationalsozialismus verbracht, zerstört oder "verfolgungsbedingt entzogen" wurden. Die Realisierung dieses Projektes erfolgte in Magdeburg durch eine Kooperation zwischen der hier seit 1998 ansässigen und vom Kultusministerium des Landes geführten "Koordinierungsstelle der Länder für die Rückführung von Kulturgütern" sowie der von Prof. Dr. Gunter Saake geleiteten Arbeitsgruppe Datenbanken des Instituts für Technische und Betriebliche Informationssysteme.
Bekämpfung von Kunstraub
Wie Staatsminister Naumann in Verlauf einer Pressekonferenz betonte, ist die Ansiedlung der mittlerweile von allen 16 Bundesländern getragenen "Koordinierungstelle der Länder für die Rückführung von Kulturgütern" in der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts auch darauf zurückzuführen, daß sich an der Magdeburger Universität ein leistungsstarkes Informatikzentrum entwickelt hat. Wie er weiterhin ausführte, sieht er in dem hier aufgebauten Know-how ein zukunftsträchtiges Potential, denn Kunstraub und der Handel mit gestohlenen Kunstwerken entwickeln sich zu einem weltweiten Problem. Effektive Datenbanken werden bei der Bekämpfung derartiger Delikte zunehmend an Bedeutung gewinnen. Kultusminister Dr. Harms erklärte, daß die Koordinierungsstelle mit Professor Saake und seinen Mitarbeitern außerordentlich kompetente, hochengagierte und zuverlässige Kooperationspartner gefunden hat und es erst mit Hilfe der Universität gelungen sei, das zunächst bis Ende 2001 vorgesehene Internet-Projekt in der nun sichtbaren ersten Form zu gestalten.
Im Rahmen des "LostArt Internet Database"-Projektes wurden die bisher nur intern verfügbaren Daten, die ca. 3,5 Millionen Kunstobjekte beschreiben - 32000 davon detailliert in Text und Bild - für eine Veröffentlichung im World Wide Web aufbereitet und dokumentiert.
Zu den erfaßten Objekten zählen durch spezielle Sonderkommandos und Einsatzstäbe der Wehrmacht, SS, NSDAP und andere Kunstrauborganisationen gestohlene oder erpreßte Kunstgüter, die man von "Juden und anderen Reichsfeinden" in ganz Europa zusammengeraubt hatte, um sie den Kunstsammlungen der miteinander konkurrierenden NS-Größen einzuverleiben. So war in Linz, wo Hitler seine Jugendzeit verbracht hatte, ein monströses "Führermuseum" geplant. Ein Teil dieser Kunstschätze, deren rechtmäßige Besitzer bisher noch nicht identifiziert werden konnten, aufgeführt in der sogenannten "Linzer Liste", ist in der Datenbank als Restbestand des ehemals von den Alliierten eingerichteten Central Collecting Points (CCP) München erfaßt und weltweit zugänglich gemacht worden.
Entwurf und Realisierung der Datenbank und des WWW-Zugangs erfolgten durch Studenten und Mitarbeiter unserer Universität.
Bereits einen Tag nach der Freischaltung der offiziellen Website konnten mehr als 20000 Zugriffe aus über 40 Ländern verzeichnet werden.
Durch die nun mögliche öffentliche Recherche in der Liste von Kunstgütern, die von flexiblen Suchmechanismen unterstützt wird, ist es jetzt für NS-Opfer und ihre Erben, Bibliotheken, Auktionshäuser, Museen, Archive und Kunstsammler möglich, nach dem Verbleib von Kunstgütern zu forschen, Ansprüche gegenüber Dritten anzumelden oder Suchhinweise zu geben.