Festival des Puppenspiels
Grenzenlose Phantasie, bizarre Erscheinungen, kunstfertige Spielformen
Magdeburg war in diesem Sommer für sieben Tage die "Welthauptstadt" des Puppenspiels! Das Welt-Puppentheater-Festival der UNIMA wurde mit mehr als 160 Veranstaltungen von 67 Gastspieltheatern aus aller Welt zum Treffpunkt von mehr als 2000 Künstlern und Gästen. Es war eine einzigartige Leistungsschau der hohen Kunst des Puppenspiels in seiner ganzen Breite und Vielfalt vom traditionsreichen Handpuppenspiel bis zum kunstfertigen Marionettentheater und den einzigartigen Spielformen der Mensch-Puppe-Kommunikation als bizarre, in immer neuen Veränderungen sich präsentierende Erscheinungsformen.
Fazit dieses Festivals mit seinen vielfältigen Veranstaltungen auf insgesamt 18 Spielstätten - vom Theater bis zum Museum, von der stillgelegten Werkhalle bis zum Adolf-Mittag-See im Stadtpark: "Puppenspiel ist und bleibt von allen darstellenden Künsten die innovativste, geprägt von schier grenzenloser Phantasie und immer wieder neuen, auch experimentellen Formen des Spiels mit Puppen".
Schon der Auftakt des Festivals mit der Eröffnung durch den Bundespräsidenten in der Johanniskirche mit dem indonesischen Figurentheater Wayang Ukur Group und dem exotischen Schattenspiel "Sumantri Ingenger" verzauberte in seiner farbenprächtigen Mischung von poetischem Spiel, Musik und Folklore das Publikum.
Und die "Verzauberung" sollte man bei vielen der Festivalbeiträge nachhaltig erleben. Im Theater der Landeshauptstadt konnte über ein kanadisches Wunder der Bühnentechnik in dem Marionettenspiel "Tinkas New Dress" von Ronni Burkett gestaunt werden. Staunen auch über die verblüffenden Möglichkeiten mit überdimensional-großen Handpuppen beim Gastspiel des Stuffed Puppet Theatre aus den Niederlanden mit "Re: Frankenstein".
Ein Beweis dafür, dass Puppentheater zuerst visuelles Theater ist, war das wunderschöne Gastspiel des Theatre de l'Oell aus Montreal mit "Der Sternenbewacher". Puppen ganz unterschiedlicher Art überraschten in immer wieder neuen Konstellationen in diesem Bildertheater ganz ohne Worte. Die gleichen überwältigenden Eindrücke bei "Die wundersame Reise des Nils Holgerson", einem Spiel mit Figuren, Musik und Licht des Theaters Wilde & Vogel. Akzente im vielfältigen Programm setzten die Moving House Company Budapest mit einer hochartifiziellen Fassung des Tschechow-Stückes "Der Kirschgarten". In brillanten szenischen Bildern voller Symbolkraft, die Menschen, und Objekte, Belebtes und Unbelebtes in bitterer Ironie miteinander verschmolzen sind. Von großer emotionaler Wirkung die deutsch-israelische Co-Produktion "Die Kinder der Bestie", die das Thema des Holocoust mit einer faszinierenden und in ihrer Direktheit auch schokierenden Synthese von Mensch-Puppe-Interaktion ins Gedächtnis riefen.
Ganz Magdeburg war fest in der "Hand" der Puppenspieler. Ein großer Jahrmarkt mit Stelzenläufer, Drehorgelspieler, Marionettentheater und Guckkastenbühnen, Kartenschläger und Handleser begeisterten das Publikum. Insgesamt 18 Ausstellungen begleiteten das Festival. Nachdenklich stimmte die Ausstellung "Front-Puppen-Theater" mit Zeugnissen der "Puppenspielkunst" im 2. Weltkrieg an der Front. Faszinierendes präsentierte die große szenografische Ausstellung "Poesie der Wandlungen", in der eindrucksvoll die zunehmende Bedeutung von Masken, Installationen, Gegenständen und Materialien für die Inszenierungen verdeutlicht wurde. Spektakulär waren die Open-Air-Aufführungen des Domdoro-Theaters Japan auf (und im) Adolf-Mittag-See mit dem poetischen Stück "Das Gedächtnis des Wassers und der Traum vom Gras". Sie setzten einen glanzvollen Schlusspunkt unter ein Festival der Superlative, das Magdeburg für eine Woche in den Blickpunkt der Puppen-Theater-Welt rückten.