Zu einem Zwischenspiel

04.09.2000 -  

Workshop-Wochenende übers Filme- und Theatermachen

Die Freien Kammerspiele Magdeburg wurden Ende Mai für ein Wochenende zum Ort für Freunde von Film, Theater und Podiumsdiskussionen. Im CinemaxX fand ein großer Eröffnungsevent mit Büfett und zwei brandneuen, jungen Filmen von Nachwuchsregisseuren statt. Der Vorfilm von Oliver Dommenget 3 Tage 44 zeigte in 22 Minuten alles, was ein großer Film braucht: Spannung, Emotionen und eine gute Geschichte aus 1944. Der eigentliche Eröffnungsfilm Chill out, Regie Andreas Struck, war für das junge Publikum Anlass zu angeregtem Gespräch und vielen Nachfragen. Der Film handelt von den Beziehungen von Menschen um die Dreißig, die den konventionellen Rahmen sprengen. Immer wieder Thema sind auch die Zeit, die Lebenszeit, das Altern und alles was damit zusammenhängt. Besonders gut ausgewählt ist die junge, frische Musik, ein Soundtrack, der so manche Kinobesucherin zum Mitwippen veranlasste.

Diskussion über Journalismus

Lebhafte Diskussionen begleiteten die Workshops von Ulli Stein, der Doku-Soaps erläuterte, sowie Gaby Branchart und Horst Hano, die mit ihrem Film Die Mauer einige Darstellungsweisen des West-Journalismus zur Diskussion stellten. Der Film veranlasste einzelne Magdeburger, in ihre persönlichen Erinnerungskisten zu greifen und so kam es zu Berichten, wie ehemalige Grenzwärter, die den Mauerbau seinerzeit vorangetrieben hatten, selber Tickets für Westreisen geschenkt bekamen und diese auch nutzten.

Besonderen Blickfang bildete eine aufwendige Video-Installation von Björn Melhus, der über acht Monitore ein eigenwilliges Identitäts-Spektakel veranstaltete. Björn Melhus, international renommierter Video-Künstler, brachte aber noch ganz viel anderes Filmmaterial mit und erläuterte anhand von Ausschnitten seine Arbeitsweise, z.B. wie er mit Filmzitaten in seinen Filmen umgeht und welche Ebenen von Identität in seinen Filmen präsent sind.

Abends war das Publikum von der nach Filmschnitt-Ästhetik konzipierten Theaterinszenierung Hamlet derart begeistert, dass Standing Ovations im ausverkauften Haus gegeben wurden. Das anschließende Zuschauergespräch mit Schauspielern und Dramaturgen verlief angeregt über die Sinnfrage, die für die Zuschauer durch das Stück aufgeworfen wurde. Fragen zu den Proben und der Filmschnitt-Ästhetik schlossen sich an, so dass das Gespräch über eine Stunde lang währte. Mit Spannung wurde dann die Filmnacht erwartet. Einige Film-Highlights, ausgesucht von der Werkleitz-Gesellschaft und Interfilm Berlin, sorgten für Lacher im Publikum. Das Kurzfilmprogramm von Interfilm Berlin, das Heinz Hermanns zusammengestellt hatte, bot noch viel Bemerkenswertes. Herausragend meines Erachtens hier die Kurzfilme: Platonische Liebe/Platonic Love, Regie Phillip Kadelbach, Deutschland 1998, 11 Min, 35 mm, und Fiction und Derniere Invention von Lolo Zazar, Frankreich 1998, 8 Min, 35mm, Fiction, Animation.

Film über das Vakuum

Am nächsten Tag ging's weiter mit Stefan Lamby, der mit Unterstützung von Heike Bade, Redakteurin beim MDR, seine Filme über den Agenten Werner Mauss und den Fall Schäuble diskutierte.

Als Höhepunkt des "Zwischenspiels" kann die Podiumsdiskussion Kunst am Markt bezeichnet werden, die nach einem sinnlichen Erfahrungsgang mit Stefan Brée und Dieter Saldeckis Präsentation des Films über das Vakuum (die Magdeburger Halbkugeln) von Otto von Guericke - in der Sendung mit der Maus - den Abschluss des Workshops bildete. Eifrig diskutierte Prof. Dr. Dieter Wiedemann, der zuvor die Animationsfilme seiner Filmhochschüler von der Hochschule für Film und Fernsehn Potsdam präsentiert hatte, u.a. mit Ulli Stein, Manfred Schmidt von der Mitteldeutschen Medienförderung und Markus Schünemann vom CinemaxX über die Vor- und Nachteile des marktgesteuerten Filmmanagements bei Sendern, Kino und Förderinstitutionen. Allen war klar, der Kleine bleibt oft auf der Strecke.

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