Neues Verfahren zur Hirninnendruckmessung
Gefäße in der Netzhaut des Auges geben Auskunft
Nach Schädel-Hirnverletzungen, aber auch bei vielen anderen Erkrankungen des Gehirns ist es erforderlich, den Druck im Inneren des Hirns zu messen. Diese Untersuchung ist notwendig, um die geeignete Behandlung festlegen zu können. Wissenschaftler unserer Universität wenden ein Verfahren an, bei dem der Schädelinnendruck am Augenhintergrund abgelesen wird. Dadurch kann auf eine operative Öffnung des Schädels verzichtet werden. Durch die Publikation in der renommierten Fachzeitschrift "Journal of Neurosurgery" (Vol. 93, Nr. 1, S. 33-36) ist die Methode nun international anerkannt worden.
An der Klinik für Neurochirurgie in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Raimund Firsching und der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Wolfgang Behrens-Baumann an der Klinik für Augenheilkunde ist dieses neuartige Verfahren untersucht worden. Das Prinzip beruht auf der Durchblutungsmessung der Gefäße an der Netzhaut, die durch das Auge hindurch vom Untersuchenden beobachtet werden können. Da der Druck in diesen Gefäßen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Schädelinnendruck steht, können Rückschlüsse auf diesen gezogen werden.
Operation nicht erforderlich
In der klinischen Untersuchung wurde der Schädelinnendruck, der wegen einer Erkrankung - meist ein Wasserkopf - über ein Bohrloch im Schädel gemessen wurde, mit dem anhand der Durchblutung der Netzhautgefäße gemessenen Schädelinnendruck verglichen. "Es zeigte sich eine enge Übereinstimmung und damit große Zuverlässigkeit für die Schädeldruckmessung am Augenhintergrund, für die keine Operation erforderlich ist", informiert Neurochirurg Professor Firsching.
Diese neue Methode ist von großer Bedeutung, da bei vielen Erkrankungen bisher nur über ein Bohrloch in den Schädel der Schädelinnendruck gemessen werden konnte. Erkrankungen, bei denen der Schädelinnendruck erhöht ist, sind vielfältig. Ein innerer Wasserkopf, bei dem das Hirnwasser unter zu hohem Druck steht, ist oft die Ursache. Auch Blutungen, Geschwülste oder Verletzungen können zu erhöhtem Druck führen.
"Die neue Methode ist besonders geeignet bei Kindern, bei denen eine Hirnwasserabflussstörung vorliegt und der Schädelinnendruck wiederholt gemessen werden muss", erklärt Professor Firsching. "Hier ergibt sich nun die Möglichkeit, die eingreifende Operation zu umgehen." Die Anwendung der Methode sei auch in der Nervenheilkunde geeignet, wenn beim alternden Patienten zwischen einer inneren Hirnwasserabflussstörung und einem allgemeinen Hirnabbau oder einer Alzheimer'schen Erkrankung unterschieden werden muss.