Wie sieht die Energieversorgung der Zukunft aus?

29.11.2000 -  

Elektrische Netze und alternative Elektroenergiequellen

Insider wissen, daß sich elektrische Systeme und Netze in Europa im Umbruch befinden. Grund ist zum Beispiel die zunehmende Einbindung dezentraler kleinerer und mittlerer Energieerzeugungsanlagen ins Netz. Besonders die regenerativen Energiequellen und Speicher als solche, als auch ihr Zusammenwirken mit dem Netz, Netzplanung und Netzbetrieb sind Inhalt von Forschung und Lehre am noch relativ neuen Lehrstuhl für Elektrische Netze und Alternative Elektroenergiequellen, den Prof. Dr. Zbigniew Styczynski an der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik inne hat.

Aufgaben neu definieren

Historisch gewachsen fließt der sogenannte Lastfluß, d.h. die Richtung der Energie bisher vom Großkraftwerk über Netze verschiedener Spannungsebenen zum Verbraucher. Die im Zuge der Liberalisierung des Energiemarktes zunehmende Einbindung kleinerer dezentraler Erzeugungsanlagen auf Niederspannungs- bzw. Mittelspannungsebene kehrt diese Philosophie ein Stück weit um. Folgen seien einerseits, daß durch den wachsenden Konkurrenzdruck auf dem Markt für die Verbraucher die Preise gesenkt, auf der anderen Seite die Aufgaben der Energieversorger neu definiert werden, so der Energieexperte Styczynski. Besonders schutztechnische Konzepte müssten neu überdacht werden.

Zunehmend schenken Wissenschaftler alternativen Energiequellen wie Solargenerator, Brennstoffzelle und Energiespeicher ihre Aufmerksamkeit. Photovoltaikgeneratoren zählen zu den regenerativen Energiequellen, da außer zu ihrer Herstellung keine weitere Energie zugeführt werden muß, der "Brennstoff" Sonne unbegrenzt zur Verfügung steht. Da die abgegebene Leistung strahlungsabhängig ist, müssen zu ihrem großräumigen Einsatz im Netz neue Konzepte der Kraftwerkseinsatzplanung wie auch des Lastmanagements erdacht werden. Auf dem Dach des Werner-von-Siemens-Gebäudes steht den Forschern unserer Universität eine Photovoltaikanlage zur Verfügung, die mit einer Leistung von 4,5 kW zunächst in der Lehre für Praktikumsversuche eingesetzt werden wird.

Eine Vorreiterrolle werde die Uni Magdeburg bundesweit auf dem Gebiet der Brennstoffzellen übernehmen, deren Verhalten am Netz untersucht werden soll, ist Professor Styczynski der festen Überzeugung. Untersucht werden verschiedene Zelltypen, von denen die Niedertemperaturzellen (60-90°C) in der Lage sind, aus Wasserstoff und Sauerstoff bei ausgesprochen hohem Wirkungsgrad Strom und Wärme zu produzieren. Die Hochtemperaturzellen (600 ... 1000°C) werden mit Erdgas betrieben.

Am Lehrstuhl von Prof. Styczynski liegt in Sachen Energiespeicherung ein besonderes Augenmerk auf den Batteriespeichern, die der Wissenschaftler schon vor seiner Tätigkeit an der Uni Magdeburg ausführlich untersuchte. Er vertritt die Auffassung, daß es mit den richtigen Modellen möglich ist, das Verhalten der Speicher richtig zu simulieren, so daß ihre Integration in Energieversorgungsnetze planbar wird.

Auf dem Gebiet der Netzplanung möchte der Experte künftig neue ungewöhnliche Methoden ausprobieren. Langfristige Netzplanung erfordert ein Abwägen von verschiedenen Faktoren: Wirtschaftlichkeit und Zuverlässigkeit spielen eine genau so große Rolle, wie technische Anforderungen, die zu erfüllen sind. In den Streit internationaler Experten um die richtige Theorie zum Thema Netzrückwirkungen wird sich künftig auch sein Lehrstuhl einbringen, versichert Professor Styczynski.

Letzte Änderung: 29.11.2000 - Ansprechpartner: Webmaster