Einmal nur Weltmeister werden

06.12.2000 -  

Wie Leistungssport und Promotion unter einen Hut zu bekommen ist

Die ersten Takte der Musik erklingen. 32 Füße gleiten über das Parkett. 16 Herzen pochen bis zum Hals. Es geht um den deutschen Meistertitel im Formationstanz. Konzentration liegt in der Luft und ist doch den Gesichtern der Tänzerinnen und Tänzer nicht anzusehen. Die Anspannung, die auf ihnen liegt, bemerkt das Publikum nicht. Elegant und scheinbar federleicht bewegen sich die acht Paare über den Tanzboden. Unter ihnen Niklas Manz und seine Partnerin Yvonne Niesche. Seit sieben Jahren tanzt er in der 1. Bundesliga und qualifizierte sich mit dem Braunschweiger Tanz-Sport-Club bereits mehrfach als Nationalmannschaft für internationale Meisterschaften. Seit zwei Jahren arbeitet er aber auch an seiner Promotion im Bereich Biophysik des Institutes für Experimentelle Physik.

In Braunschweig hat Niklas Manz Physik studiert. Dort fand er auch zum Formationstanz. Angefangen hatte alles einige Jahre früher, mit 14, in der Tanzschule. Zum Einsteigen fast schon etwas zu spät, entdeckte er seine Leidenschaft für diesen Sport: "Wenn das Publikum begeistert applaudiert, dann sind der wochenlange Trainingsstress und das Triezen des Trainers vergessen. Es zählt nur noch die Freude am Tanz."

Damit das Publikum von der sechsminütigen Choreographie begeistert ist und die hinter der Tanzvorführung steckende Anstrengung nicht bemerkt, muss hart trainiert werden. Während der Saison von Oktober bis März heißt das dreimal in der Woche und an den Wochenende die Tanzschuhe schnüren. Die Trainingszeiten sind festgezurrt, denn die Nationalmannschaft wird nicht aus den besten Einzelpaaren, die (auch) einzeln üben können, zusammengestellt, sondern wird als Formation trainiert. Das erfordert die Disziplin des Sportlers, aber auch viel Verständnis bei den Kollegen, denn der Zeitplan von Niklas Manz ist eng. "Von der Universität und aus dem Institut erfahre ich viel Unterstützung. Für die Teilnahme an internationalen Turnieren beispielsweise erhalte ich problemlos auf Antrag Sonderurlaub. Das ist eine große Hilfe." Aber auch die Eltern hätten seine Entscheidung für den Leistungssport immer unterstützt, erzählt der junge Mann.

Für seine Promotion untersucht der Physiker die Auswirkung der Oberflächenkrümmung auf das dynamische Verhalten chemischer Spiralen in der Belousov-Zhabotinsky-Reaktion, dem bisher nur in der Ebene nachgegangen wurde. Im vergangenen Jahr war er für sechs Monate zu einem Forschungsaufenthalt an der Florida State University in den USA. Nach dieser Pause sollte eigentlich Schluss mit dem Tanzen sein. Doch irgendwie kam alles anders und der zweimalige Vizeweltmeister bereitet sich nun intensiv auf die Weltmeisterschaft 2000 vor. Neben einer guten Promotion ist der größte Wunsch von Niklas Manz, einmal Weltmeister im Formationstanz zu werden. Kurz vor Weihnachten wird es sich in Braunschweig entscheiden. Dann wird dort die Weltmeisterschaft ausgetragen. Ach übrigens, der erste Schritt auf dem Weg zum Titel ist bereits getan. Der Braunschweiger Tanz-Sport-Club ist deutscher Meister geworden.

Nach dieser Saison will Niklas Manz die Tanzschuhe an den sprichwörtlichen Nagel hängen, zumindest für den Formationstanz. Schließlich wartet die Promotion und erfordert all seine Kraft. Denn die Anforderungen sind auch an einen - möglichen - Weltmeister nicht geringer als an alle anderen Doktoranden. Das Tanzen gänzlich sein lassen kann der junge Mann aber nicht. Mit seiner Partnerin möchte er dem Tanzboden noch als Einzelpaar treu bleiben.

Letzte Änderung: 06.12.2000 - Ansprechpartner: Webmaster