Besuch im Gleimhaus

11.01.2001 -  

Zum Aufbewahren und Übermitteln von Wissen

Vom Thema "Buch" inspiriert, beschäftigten wir uns im Hauptseminar "Bibliothek und Archiv" mit dem Aufbewahren und Übermitteln von Wissen. Wissen war bereits vor den Zeiten elektronischer Datenerfassung ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Schon damals war es Voraussetzung für Erfolg und Anerkennung. Zum kulturellen Habitus eines Gelehrten gehörte es deshalb, Bücher zu besitzen. Mancher wurde sogar leidenschaftlicher Büchersammler. Vielen diente ihre Privatbibliothek als Arbeitsinstrument. So im Fall von Johann Ludwig Wilhelm Gleim, einem angesehenen Dichter und Juristen des 18. Jahrhunderts.

Der "Freundschaftstempel"

Der Verfasser von scherzhaften und patriotischen Gedichten wollte durch seine Sammlung von Bildern, Büchern und Briefen Halberstadt in ein literarisches und kulturelles Zentrum verwandeln. Und wir haben uns selbst überzeugen können, daß es ihm gelungen ist. Neugierde und Interesse an dem Bibliothekwesen haben uns nach Halberstadt geführt.

Selbst ein unerfahrener Besucher kann das Gleimhaus nicht übersehen. Es liegt gegenüber dem gotischen Dom. Im ehemaligen Wohnhaus Gleims befindet sich noch heute seine Bibliothek, sein Handschriftenarchiv und seine Grafiksammlung.

Dr. Ute Pott vom Gleimhaus hat uns durch den "Freundschaftstempel" geführt. Wir haben nicht nur das im Jahr 1862 eingerichtete Museum besichtigt, sondern wir hatten auch das Glück, durch die Regale von Gleims Privatbibliothek zu spazieren. Mit Sorgfalt und Respekt vor jedem einzelnen Buch hat Dr. Pott uns die literatur- und sozialgeschichtliche Ausstellung zur Bilder-, Buch- und Briefgeschichte im 18. Jahrhundert erläutert. Die Ausstellung enthält Bilder von Klopstock, Winckelmann, Seume, Johann Peter Uz und vielen anderen Freunden Gleims, die er zumindest als Bild immer um sich haben wollte.

Zum Freundschaftstempel des Gleimhauses gehört auch der Schreibstuhl des Dichters, den sich Gleim nach eigenem Entwurf anfertigen ließ. Schon aus diesem Grunde ist dieser Schreibstuhl ein Unikat. Besondere Bedeutung gewinnt er, weil hier Gleim die vielen Briefe an seine Freunde schrieb, darunter an so berühmte Persönlichkeiten wie Wieland, Herder und Lessing. Die einmalige Portaitsammlung Gleims erinnert an das wunderbare Gefühl der Vertrautheit zwischen Gleim und vielen deutschen Dichtern und Denkern des 18. Jahrhunderts.

In diesem Museum der deutschen Spätaufklärung hielten Studenten Referate - über Gleims Leben und Werk, wobei der Schwerpunkt bei seiner Privatbibliothek lag, und über die Bibliothek seines Jugendfreundes, des anakreonitischen Dichters Johann Peter Uz, von der nur noch der Katalog überliefert ist. Das erinnert an die großen Verluste vieler Büchersammlungen.

Das völlig erhaltene Gleimhaus, welches auch heute noch besucht werden kann, läßt den Betrachter spüren, welch große Rolle Gleim zu seiner Zeit gespielt hat – als Vermittler zwischen Literaten und nicht zuletzt als Vermittler von Wissen zwischen Jahrhunderten. Darin liegt die besondere Bedeutung seiner Büchersammlung im Gleimhaus.

Letzte Änderung: 11.01.2001 - Ansprechpartner: Webmaster