Behördengänge bald online?
Informationstechnologien im öffentlichen Leben, in Hochschulen, Schulen, Verwaltung und Wirtschaft
Sachsen-Anhalt auf dem Weg in die Wissens- und Informationsgesellschaft. Unter diesen Stichworten skizzierte Ministerpräsident Dr. Reinhard Höppner im November vergangenen Jahres in einer Regierungserklärung die Politik der Landesregierung im Bereich der Informationstechnologie und der neuen Medien. Im Januar dieses Jahres hatte er Fachleute aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung zu einer Konferenz über Stand und Perspektiven der Aus- und Weiterbildung auf diesem Gebiet geladen. Am 1. März 2001 nahm die neugegründete IT-Geschäftsstelle des Landes Sachsen-Anhalt ihre Arbeit auf und am 21. März 2001 traf sich der IT-Beirat der Landesregierung zu seiner konstituierenden Sitzung. Die Leitung der IT-Geschäftsstelle wurde Prof. Dr. Thomas Strothotte vom hiesigen Institut für Simulation und Graphik übertragen. Zur Arbeit des IT-Beirates, zu Aufgaben, Zielen und Schwerpunkten der Arbeit der IT-Geschäftsstelle sprach Uni-Report mit dem Professor für Computergraphik und interaktive Systeme.
Welche Aufgaben haben IT-Beirat und IT-Geschäftsstelle? Der Beirat ist ein Gremium, welches die Umsetzung der IT-Strategie der Landesregierung begleitet. Er ist besetzt mit 25 hochrangigen Persönlichkeiten aus IT-Wirtschaft und -Wissenschaft sowie aus Politik und Verwaltung. Mit der Einberufung des IT-Beirates der Landesregierung hat der Ministerpräsident die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie in Sachsen-Anhalt zur Chefsache gemacht. Die IT-Geschäftsstelle bereitet die Beiratssitzungen vor, greift Anregungen der Beiräte auf und leitet Maßnahmen zu deren Umsetzung ein. In der konstituierenden Beiratssitzung wurden die schwerpunktmäßigen Arbeitsfelder formuliert. Es sind der Ausbau des Internetportals www.sachsen-anhalt.de sowie Informationstechnologien in den Hochschulen, in Schulen, Verwaltung und Wirtschaft. Ich freue mich auf die Arbeit und betrachte es als persönliche Herausforderung, in Sachen Wissens- und Informationsgesellschaft einiges auf den Weg zu bringen.
Das heißt, die IT-Geschäftsstelle setzt zu diesen Schwerpunkten spezielle Projekte um? Nein. Die IT-Geschäftsstelle hat koordinierende, bündelnde und beratende Funktion. Im Land existieren sehr viele Aktivitäten in Sachen IT, die beispielsweise auch durch die verschiedenen Ministerien initiiert sind. Wir suchen nach Wegen, diese Aktivitäten sinnvoll zu verknüpfen, Synergien herauszuarbeiten und sie ressort- und verwaltungsübergreifend zu nutzen, und wir erarbeiten entsprechende Empfehlungen. Die Aufgabe der IT-Geschäftsstelle ist es, Anregungen zu geben, neue zukunftsträchtige Projekte unter Berücksichtigung der Empfehlungen des IT-Beirates anzuschieben und geeignete Pilotvorhaben durch Finanzierungshilfen auf den Weg zu bringen. Für die konkreten Realisierungen sind dann zum Beispiel die Fachministerien zuständig. Das Internetportal beispielsweise soll bis Ende dieses Jahres aufgebaut sein. Das Portal soll dabei eine Plattform sein, auf der es später auch möglich sein soll, Behördengänge online zu erledigen, um ein Fahrzeug abzumelden oder dem Einwohnermeldeamt die neue Anschrift mitzuteilen. In diesem Zusammenhang wird intensiv an Techniken zum Einsatz der elektronischen Signatur, das heißt einer computergestützten, rechtsverbindlichen Unterschrift, gearbeitet.
Noch steht nicht in jedem Wohnzimmer ein PC mit Internetanschluss. Macht es Sinn, gegenwärtig so viel Kraft in die Ausgestaltung des Internetportals zu investieren? Es ist eine Investition in die Zukunft. Bereits heute liegt Sachsen-Anhalt, laut einer Studie des Wirtschaftsministeriums, bei der Internetnutzung in privaten Haushalten mit 35 Prozent in Deutschland an der Spitze. Hinzu kommt, dass die entsprechende Technik und die Anschlüsse zu immer erschwinglicheren Preisen angeboten werden. Parallel zu den technischen Voraussetzungen wächst auch die Akzeptanz des Internets unter den Bürgern im Land, besonders auch unter den Jüngeren. Inzwischen sind fast alle Schulen ans Netz angeschlossen. Die Nutzung des Internets sinnvoll in Schule, Hochschule, Aus- und Weiterbildung zu integrieren, wird auch eine Aufgabe sein, der sich der IT-Beirat, die IT-Geschäftsstelle und eine Projektgruppe "IT in der Schule" widmet. Sicher wird es auch weiterhin Bürger geben, die diese neuen Technologien nicht nutzen möchten. Für sie soll ein Netz von Anlaufpunkten eingerichtet werden, in denen Ansprechpartner die Bedienung des Computers und Internetrecherchen übernehmen. Besonders in ländlichen Gebieten können diese Büros ebenso zu einer zentralen Anlaufstelle für verschiedene Dienstleistungen werden wie zu einem Ort der sozialen Kommunikation.
Als weitere Aufgabenbereiche nannten Sie auch die Wirtschaft sowie Hochschulen und Forschung. Welche Vorstellungen gibt es dazu? Das ist ein sehr weites und vielfältiges Aufgabengebiet und reicht von der Schaffung guter Voraussetzungen für die Ansiedlung von IT-Firmen hier im Land, über die verstärkte Nutzung von IT-Technologien in hiesigen Unternehmen bis hin zur intensiven Vernetzung und Zusammenarbeit von Wirtschaftsunternehmen und Wissenschaftseinrichtungen in der Region. Es ist schon erstaunlich mitunter zu erfahren, dass es einerseits erfolgreiche Firmen in der Region gibt, andererseits renommierte Professoren, die auf dem gleichen Gebiet tätig sind, aber Geschäftsführer und Professoren kennen sich nicht einmal. Hier muss sich einiges ändern, und dafür wird die IT-Geschäftsstelle ein Katalysator sein. Des Weiteren bin ich besorgt über die geringe Ausnutzung der Informationstechnologien in der Universitätsverwaltung. So beispielsweise könnten die Mitarbeiter der Prüfungsämter mehr Zeit mit Studienberatung verbringen, wenn sie durch IT entlastet werden würden, was die reinen Verwaltungsarbeiten angeht. Hier gibt es noch viel zu tun.
Vielen Dank für das Gespräch.