Diplomaten auf Zeit bei der UNO
NMUN &endash Simulation der Vereinten Nationen für Studierende
"Ich bin stolz auf die Magdeburger Teilnehmer an der UN-Simulation. Sie haben wirklich Außerordentliches geleistet", hebt Reinhard Wesel, Dozent am Institut für Politikwissenschaft und Betreuer der Teilnehmergruppe, nachdrücklich hervor. Die 13 Studierenden von der Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften nahmen als erste Gruppe einer ostdeutschen Universität eigenständig am National Model United Nations (NMUN), der größten politischen Simulation der Vereinten Nationen teil. Für eine Woche vertraten sie in New York "ihr Land" Zypern als "Diplomaten" in den Gremien der Weltorganisation. Mit nach Hause brachten sie zwei Auszeichnungen - war nichtamerikanischen Newcomern bis dato noch nie gelungen -, jede Menge Erfahrungen, Selbstbewusstsein und viele neue Freundschaften. "Trotz des enormen Arbeitsaufwandes, kann ich es jedem empfehlen, am Planspiel teilzunehmen", bekräftigt Kai Schäfer, einer der Teilnehmer.
Unterstützung aus München
Zwei Semester lang hatte sich die Gruppe auf die Simulation, welche die Struktur und Funktionsweise der einzelnen Gremien der Weltorganisation näher bringen sollte, vorbereitet. Jeden Tag recherchierten die Studierenden im Internet und in Bibliotheken zur UNO und später zur geteilten Insel im Mittelmeer. Unterstützung erhielten die Neulinge auf dem diplomatischen Parkett bei ihren Vorbereitungen von Münchner Kommilitonen, die ebenfalls von Reinhard Wesel betreut wurden. Bereits seit zwölf Jahren schickt die Ludwig-Maximilians-Universität München Delegationen nach New York zum Planspiel.
Im November vergangenen Jahres gab es nach einem Vorbereitungssemester die erste mehrtägige Simulation in der Magdeburger Gruppe. Kurz darauf musste sie sich im Januar mit ihren "diplomatischen Kollegen" von anderen deutschen Universitäten messen und hatte Gelegenheit, die zypriotische Botschaft in Berlin zu besuchen.
Die Kosten für dieses Projekt sind nicht unerheblich gewesen. Universität, Kultusministerium sowie das Auswärtige Amt gaben Zuschüsse, die Jugendstiftung der Stadtsparkasse Magdeburg spendete 13000 Mark. Und auch die ÖSA gab etwas dazu. Rund 1000 Mark musste jeder Teilnehmer selbst aufbringen.
In der Karwoche war es dann soweit - der Adrenalinspiegel stieg und die Aufregung wuchs, als alle ins Flugzeug nach New York stiegen. An Arbeitstagen von neun bis dreiundzwanzig Uhr waren sie zum Arbeitsbesuch im Hauptquartier der Vereinten Nationen, verfassten Resolutionen, informierten sich über Verfahrensfragen, besuchten die ständigen Vertretungen Deutschlands und Zyperns bei den Vereinten Nationen, erarbeiteten Positionspapiere und verteidigten diese in den Sitzungen der Komitees. "Allein vor 400 Leuten zu sprechen, ist schon aufregend genug, aber das auch noch in Englisch! Da war ich richtig nervös", erinnert sich Teilnehmer Michael Schwenker, denn die "official language" der UNO ist nun mal die englische Sprache.
Gut 2600 Studierende aus allen Teilen der Welt, vorwiegend aber aus den USA, "spielten" realitätsnah und wirklichkeitsgetreu Vertreter der 189 UN-Mitgliedsstaaten und zahlreicher Nicht-Regierungs-Organisationen. Multinationale Diplomatie und regierungsübergreifende Entscheidungsfindungen förderten das Verständnis für internationale Beziehungen und deren Zusammenhänge. Die Spieler konnten dabei Inhalte und Konflikte selbst aktiv erarbeiten und die Regeln und Restriktionen internationaler Verhandlungen "praktisch" erfahren. "Dennoch ist das NMUN keine Spielweise für Möchtegern-Diplomaten, sondern ein hartes Trainigs-Programm, das analytische und soziale Kompetenzen entwickelt, die nicht zuletzt den heutigen Anforderungen in der Wirtschaft entsprechen und auf ein eigenständiges Arbeiten in einem internationalen Umfeld vorbereiten", unterstreicht Reinhard Wesel.