Universitäten als Wirtschaftsfaktor
Verdrängt die Ökonomie immer mehr die humboldtschen Ideale von Universitäten?
Die Ökonomisierung der Hochschulen – Abschied von Humboldt? war das Thema des 3. Uni-Forums der Magdeburger Volksstimme, das etwas spröde anmutete, aber sehr schnell zu einer angeregten Diskussion mit dem einhelligen Fazit führte: Der Druck der leeren öffentlichen Kassen macht auch vor den Hochschuleinrichtungen nicht Halt; doch ohne die finanzielle Unterstützung der Wissenschaft durch den Staat droht ein Ausbluten der Forschungslandschaft in Sachsen-Anhalt.
Als Humboldt seinerzeit unter anderem Bildung durch Wissenschaft, die Einheit und die Universalität der Wissenschaft und die Autonomie zu Idealen für Universitäten machte und betonte, dass Universitäten nicht im gesellschaftsfreien Raum existierten, hatte er damals aber noch nicht den Anwendungsbezug der Wissenschaft, die Hochschule als Dienstleister, die Ausrichtung am Markt, die Massenuni oder das Hochschulmanagement im Blick, führte Rektor Prof. Dr. Klaus Erich Pollmann aus.
Die Unis stünden heute mehr denn je vor der Aufgabe, Freiräume zur Entfaltung von Kreativität zu schaffen, betonte Prof. Dr. Joachim Weimann, Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft. Dies jedoch sei teuer. Dennoch müsse sich der Staat der Finanzierungsverantwortung stellen, da die Universitäten Sachsen-Anhalts von ausschlaggebender Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung der Region seien. Für die Lösung der massiven ökonomischen Probleme in Sachsen-Anhalt werde gut ausgebildetes ,Humankapital' benötigt. Unis und Politik jedoch würden ihrer Verantwortung derzeit nicht gerecht.
Freiräume für Studierende
Dass die Freiräume auch für Studierende stärker wahrnehmbar und ausgeweitet werden müssten, forderte Studentenratssprecher Pascal Begrich, um sie zu befähigen, nicht nur über die eigene Karriere nachzudenken, sondern sich auch kritisch mit der Gesellschaft auseinanderzusetzen, denn immer weniger Studierende engagierten sich neben ihrem Studium für gesellschaftliche Belange.
Kultusminister Dr. Gerd Harms stimmte zu, dass universitäre Bildung nicht nur auf die Kosten-Nutzen-Rechnung reduziert werden dürfe, dass es vor allem um das Verhältnis "Freiheit und Verantwortung" ginge. Dennoch müssten sich die Unis auch die Frage nach dem Geleisteten gefallen lassen. Ihre Stärken müssten erkennbar sein, und die Unis sollten sich bewusst auf diese konzentrieren. Zur finanziellen Situation der Hochschulen merkte der Kultusminister an, dass Sachsen-Anhalt mit der Budgetierung von allen Ländern am weitetesten vorangekommen sei.
Der Prorektor für Strukturentwicklung und Finanzen der Universität Halle-Wittenberg, Professor Joachim Waschke, machte darauf aufmerksam, dass Politiker oft glaubten, schmale linienförmige Unis seien billiger. Aber die Hochschulen in Sachsen-Anhalt müssten mehr an Attraktivität gewinnen. Der Zusammenhang innerhalb der Universitäten sei verloren gegangen, die Interdisziplinarität zu stark zweckgebunden. Zudem machten die Universitäten zu wenig Werbung.
Für bessere Werbung und mehr Attraktivität sprach sich auch Gerd Harms aus. Die Studienneigung im Land selbst müsse erhöht und die Abwanderung qualifizierten Nachwuchses gestoppt werden. In diesem Zusammenhang brachte er die Ost-West-Tarif-Problematik ins Gespräch und forderte einen klaren Stufenplan für die Angleichung der Gehälter. Auch Rektor Pollmann plädierte dafür, "die niedrigen Osttarife möglichst schnell zu eliminiere".
In der Diskussion befürchtete Prof. Dr. Gerald Wolf, Prorektor für Forschung, einen Austrocknungsprozess der Wissenschaft Sachsen-Anhalts und Ostdeutschlands, wenn nicht rasch die Ausstattungs- und Tarifunterschiede zwischen Westunis und Ostunis aufgehoben würden. Außerdem seien die Forscher ökonomisch unterschiedlich frei. Die experimentellen Disziplinen, die viel Ausstattungen benötigen, stünden im Wettbewerb schlechter da. Hier bedürfe es eines deutlichen Zeichens seitens der Politik.