Griff zur Kaffeetasse war heilig
20 Jahre Zusammenarbeit mit Kaffeeröstern
Die Röstfein Kaffee GmbH Magdeburg und das Institut für Apparate- und Umwelttechnik unserer Universität vereinbarten Ende September 2001 ihre vor 20 Jahren begonnene Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wirbelschicht-Technologien fortzusetzen. Anlässlich der Unterzeichnung des Vertrages, erinnerten sich Prof. Dr. Lothar Mörl, Lehrstuhl für Apparatebau und Anlagentechnik, und einige seiner Mitstreiter sowie der Geschäftsführer der Röstfein GmbH, Manfred Winkelmann, ihres Beginns.
Rohstoffpreise explodierten
Zur damaligen Zeit war die DDR durch eine Weltmarktkrise in ernsthafte Bedrängnis geraten. Während die Exporterlöse für Industriewaren von 1970-1974 um 65 % gestiegen waren, explodierten die Rohstoffpreise um 170 %. 1976 erhöhte man in der DDR den Preis von 250 Gramm Bohnenkaffee der Marke Rondo von 15 auf 30 Mark! Der Griff zur Kaffeetasse aber war den DDR-Bürgern heilig. Der Pro-Kopf-Verbrauch bewegte sich trotz der im Gegensatz zum Westen horrenden Preise auf ähnlich hohem Niveau wie im Westen. Ein etwaiger kalter Entzug konnte daher zu einer Gefährdung des Staates führen. So hatten die Versuche, den DDR-Bürgern, wie zu Zeiten Friedrich des Großen, das Kaffeetrinken abzugewöhnen nicht nur zu zahlreichen bösen Witzen über "Honeckers Krönung", sondern auch zu handfesten Tumulten geführt.
Die Schriftstellerin Anett Görschner erinnert sich: "Im Jahr der Biermann-Ausbürgerung war ich zwölf Jahre alt. In Magdeburg rumorte es. Aber nicht wegen Biermann, sondern weil der Mixkaffee eingeführt worden war. Der Mixkaffee bestand nur noch zur Hälfte aus Bohnenkaffee, der Rest war Malz oder Zichorie, und die Leute befürchteten, jetzt würde ihnen auch noch die letzte Freude genommen, wo es doch auch die guten Zigaretten nur noch unter der Kasse der Kaufhalle gab."
Neben den enorm gestiegenen Preisen für Rohkaffe setzte der Mangel an leistungsfähigen Röstanlagen die DDR-Oberen bei der Bereitstellung des die Massen beruhigenden Anregungsgetränkes unter Druck. Derartige Anlagen waren in der DDR nicht für Geld und gute Worte, aber im Westen für harte D-Mark erhältlich. Und gerade die war knapp und wurde zudem für die heißgeliebten Bohnen benötigt. Ein Auftrag von "staatserhaltenden" Ausmaßen erging daher an die damalige Technische Hochschule Magdeburg.
Der aufwendigen und patentgeschützten westlichen Trommelröstung sollte ein DDR-eigenes Verfahren entgegengestellt werden. Und die findigen Magdeburger Wissenschaftler um Prof. Mörl wurden fündig. Gemeinsam mit dem damaligen Konsum Kaffeewerk Röstfein entwickelten sie eine völlig neuartige Wirbelschicht-Technologie für die Kaffeeröstung. Bereits im September 1981 konnte eine entsprechende großtechnische Versuchsanlage in Betrieb gehen. Alle Erwartungen in Bezug auf Qualität, Energieverbrauch und Sicherheitsstandards wurden weit übertroffen. Mit diesem ersten gemeinsamen Projekt von Kaffeeröstern und Hochschule sank die Röstzeit in Magdeburg von zehn auf vier Minuten, der Energieverbrauch verringerte sich um 23 %. Röstfein mauserte sich so zum Spitzenbetrieb unter allen sieben DDR-Kaffeeröstern.
Fruchtbare Zusammenarbeit
Dieses von den Magdeburger Verfahrenstechnikern entwickelte Patent war es letztendlich auch, welches den Röstfein-Leuten den Übergang in die Marktwirtschaft und als einzigem ehemaligen DDR-Unternehmen der Branche das Überleben in ihr sicherte. Deshalb wird auf Uni-Veranstaltungen nicht nur zuweilen Röstfein-Kaffee angeboten, auch Forschungsverträge, Diplomarbeiten und ständige Konsultationen zwischen beiden Partnern dokumentieren eine fruchtbare Zusammenarbeit.