Sicherheitsrisiken abschätzen
Prof. George Apostolakis hielt Guericke-Vorlesung
Seit der Mensch begonnen hat, mit Maschinen zu arbeiten, ist er auch den Risiken, die mit der Nutzung der Technik verbunden sind, ausgesetzt. Jedoch steht dem Risiko der Nutzen gegenüber, der häufig in der Diskussion zu kurz kommt. Jene Risiken aber, sollten möglichst exakt, d.h. quantitativ beschrieben werden. Die Quantifizierung von Risiken erlaubt es, durch Vergleich mit natürlichen Risiken, technische Risiken in die Gesamtrisiken einzuordnen. Somit ermöglicht diese Quantifizierung eine Güterabwägung. Sie liefert die Basis für eine aufgeklärte gesellschaftliche Diskussion, ob Risiken angesichts des mit einer Technologie verbundenen Nutzens toleriert werden können.
Risikomanagement
Die Quantifizierung von Szenarien, die sich durch die Nutzung der Technik ergeben können, haben sich Wissenschaftler, die auf dem Gebiet des Risikomanagements für technische Systeme forschen, zum Auftrag gemacht. Wohl einer der anerkanntesten Experten auf diesem Gebiet ist Prof. Dr. George Apostolakis vom Massachusetts Institute of Technology (MIT), USA. Der in Griechenland geborene Wissenschaftler kann auf zahlreiche Publikationen zur Risikoabschätzung und -bewältigung verweisen. Derzeit arbeitet er u.a. auf den Gebieten Umweltrisikomanagement, Alterung technischer Anlagen, Schnittstelle "Mensch-Maschine", Sicherheitskultur und Einfluss organisatorischer Faktoren auf die Anlagensicherheit. Forschungsergebnisse von Professor Apostolakis finden u.a. erfolgreich Anwendung in den Bereichen der Kerntechnik, Chemieanlagen und der Entsorgung von Verteidigungssystemen sowie der Weltraumtechnik. Der Sicherheitsexperte ist Sekretär des Organisationskomitees der führenden internationalen Konferenz Probabilistic Safety Assessment and Management (PSAM), die sich mit dem Einsatz probabilistischer Methoden zur Bewertung und Bewältigung technischer Risiken befasst, die durch chemische und petrochemische Anlagen, Kernkraftwerke, Verteidigungssysteme sowie Deponien verursacht werden.
Professor Apostolakis war Mitte November 2001 der Einladung von Prof. Dr. Ulrich Hauptmanns vom Institut für Apparate- und Umwelttechnik nach Magdeburg gefolgt, um im Rahmen der von der NORD/LB Mitteldeutsche Landesbank geförderten Otto-von-Guericke-Vorlesungen einen Vortrag zu Risk Management for Technological Systems zu halten. Professor George Apostolakis erörterte die Ermittlung technischer Risiken mit Hilfe wahrscheinlichkeitsbasierter Methoden, wie eben der probabilistischen Risikoanalyse (PRA). Diese Analyse erlaubt es, Schwachstellen in technischen Systemen aufzuzeigen und verdeutlicht, dass "dominierende" Unfallszenarien Grundlage des Risikomanagements sind. Professor Apostolakis illustrierte dies am Beispiel des Brandrisikos von Elektrokabeln. Darüber hinaus können mit diesen Methoden Risiken unterschiedlicher Technologien miteinander und mit immer vorhandenen natürlichen Risiken verglichen werden, so dass gesellschaftliche Risikoziele formuliert werden können, an denen neue Technologien gemessen werden. Dabei spiele auch die gesellschaftliche Akzeptanz von Risiken eine wesentliche Rolle, so Professor Apostolakis. Unfälle mit dem Auto, beim Bergsteigen, Gleitschirmfliegen, von Feuerwehrleuten oder Polizisten würden viel eher in Kauf genommen, als Störfälle in Atomkraftwerken, obwohl die Wahrscheinlichkeit um ein Tausendfaches geringer ist, einem Atomunfall zu erleben als einen Autounfall.
Jedoch unterstrich der amerikanische Experte, das "Risk Management" könne keine Patentrezepte liefern, nach denen dann alle Prozesse ablaufen und funktionieren müssten, ging aber auch auf einige konkrete Sicherheitsziele in verschiedenen Ländern ein und beschrieb Strategien zur Erhöhung der technischen Sicherheit.