Neuer Computer hilft beim Studium
Viel Unterstützung für die blinde Psychologie-Studentin Susanne Hillenkamp
"Sie klingt ja gar nicht blechern", freut sich Susanne Hillenkamp und meint damit die Stimme "ihres" neuen Computers im Rechnerpool des Instituts für Psychologie II, die ihr den Text auf dem Bildschirm vorliest. Kurz vor Weihnachten wurde der Computerarbeitsplatz an die Psychologie-Studentin im ersten Semester übergeben. Das besondere: Er ist mit eben jener freundlich klingenden Computerstimme, einer Braille-Zeile, Lautsprechern und einem Scanner ausgerüstet. Warum? Susanne Hillenkamp ist blind.
"Bliksim" ist immer dabei
Seit Oktober vergangenen Jahres ist auf dem Campus, in den Hörsälen oder der Mensa oft ein leises Glöckchenklingeln zu hören. Es kommt vom Halsband des schwarzen Mischlingsrüden "Bliksim". Er ist der treue Weggefährte von Susanne Hillenkamp und ein ausgebildeter Blindenhund. "Bliksim" führt sein Frauchen konzentriert und sicher um die Baustellen auf dem Campus herum zum Seminar oder zur Vorlesung. "Den Weg zur Mensa kennt er besonders gut", erzählt die 22-Jährige. "Dort wartet immer eine kleine Leckerei auf ihn." Für die einzelnen Gebäude hat sich Susanne Hillenkamp, der einfacheren Kommandos wegen, Abkürzungen ausgedacht - Ipsy für das Institut für Psychologie im Gebäude 24 oder Bibo für die Bibliothek. Am liebsten aber hört "Bliksim" wohl das Kommando, das ihn in den Nordpark entlässt. Dann kann er sein Frauchen zu einer Bank in jenem Park führen, bekommt das Geschirr mit den blauen "Blindenführhund"-Zeichen abgeschnallt und darf nach Herzenslust herumtollen. "Ihn erschüttert so schnell nichts, nicht einmal ein lauter Knall", erzählt die Studentin und das tiefe Vertrauen zu ihrem vierbeinigen Freund ist aus diesen Worten zu hören. Seit März 2001 sind sie ein Team.
Nach einer Tumoroperation blieb ihr auf einem Auge ein Rest an Sehkraft. "Die Augen sind zwar völlig gesund, doch die Bilder werden vom Gehirn nicht verarbeitet", erklärt die junge Frau aus dem brandenburgischen Vetschau. Ihr ganzes Leben änderte sich von Grund auf. Und dennoch sollte ihre Behinderung Normalität werden. Sie besuchte mit sehenden Klassenkameraden ein Gymnasium und begann nach dem Abitur eine Berufsausbildung zur Industriekauffrau. Diese brach sie ab. Der Wunsch, eine neurowissenschaftliche Studienrichtung einzuschlagen, war stärker. Also begann sie, sich ab März 2000 in einer blindentechnischen Ausbildung in Marburg auf ihr Studium vorzubereiten. Sie lernte mit einem Blindenhund umzugehen, am Computer zu arbeiten, Braille-Schrift zu lesen und zu schreiben. Mit Unterstützung des Studentenwerkes Magdeburg konnte für Susanne Hillenkamp und ihren "Bliksim" ganz in der Nähe der Uni eine Wohnung gefunden werden, in der sich Hund und Frauchen sehr wohl fühlen.
Finanziert durch Spenden
Inzwischen ist das erste Semester geschafft. Ein ereignisreiches Semester für Susanne Hillenkamp und "Bliksim". Viele neue Leute haben sie kennen und viele neue Aufgaben meistern gelernt. Eine davon war das Erlernen des richtigen Umgangs mit dem blindengerecht ausgestatteten Computer. Eine Einweisung erhielt die Studentin von Olaf Stüven von der F.H. Papenmeier GmbH, die Produktlinien von Braille-Ausgabegeräten und Vergrößerungssystemen für Personal Computer entwickelt, produziert und vertreibt. Er erläuterte den Umgang mit der Sprachausgabe, der speziellen Tastatur mit der Braille-Zeile und die Möglichkeit, mit Hilfe des Scanners, Texte einzuscannen und sich anschließend vom Computer vorlesen zu lassen.
Ermöglicht hatten diesen Arbeitsplatz die großzügigen Spenden der Lotto Toto GmbH Sachsen-Anhalt in Höhe von 14 000 Euro und der "Deutsche Bank Stiftung Alfred Herrhausen - Hilfe zur Selbsthilfe" von 5 000 Euro. Prof. Lutz Jäncke, Leiter des Instituts für Psychologie II, bedankte sich für die Zuwendungen, ohne die die Einrichtung des 23 500 Euro teuren Computerarbeitsplatzes nicht möglich gewesen wäre. Die Universität übernahm einen Anteil von 3750 Euro.
Hilfe und Unterstützung wird der angehenden Diplompsychologin von vielen verschiedenen Seiten zuteil, doch allzu oft muss sie sich auch mit Widrigkeiten auseinandersetzen, die für sehende Kommilitonen und Professoren kein Thema sind - Grafiken in der Vorlesung, Fahrstühle ohne Ansage oder Wegweiser ohne Blindenschrift. Die Universität ist bemüht, dies nach und nach zu verbessern. Bei Neubauten und Sanierungen beispielsweise fließt eine behindertengerechte Ausrüstung in die Planung mit ein. "Zudem ist die Uni darum bemüht, auch anderen Studierenden mit chronischen Erkrankungen oder Behinderungen durch geeignete Maßnahmen zum so genannten Nachteilsausgleich einen erfolgreichen Studienabschluss zu ermöglichen", bekräftigte Dr. Gert Dehne, Behindertenbeauftragter des Senats unserer Universität.