Hervorragende Forschungsmittelrendite
Bundesforschungsministerin besuchte Leibniz-Institut
Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn informierte sich Mitte Januar 2002 bei einer Rundreise durch Deutschland über Projekte, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung (bmbf) fördert. Die erste Station dieser Informationstour war das Leibniz-Institut für Neurobiologie (IfN) in Magdeburg.
Die Ministerin verschaffte sich vor Ort einen Einblick in die Arbeit dieses Zentrums für Lern- und Gedächtnisforschung. In konvergenten Ansätzen werden hier Lernmechanismen auf den wesentlichen funktionellen Organisationsebenen des Gehirns und im Verhalten analysiert. Das Institut ist Mitglied der Wissenschaftsgemeinschaft "Gottfried Wilhelm Leibniz" und wurde 1992 als Nachfolgeeinrichtung des damaligen Institutes für Neurobiologie und Hirnforschung der Akademie der Wissenschaften neu gegründet.
"Die Magdeburger haben sich ein international herausragendes Profil in der Hirnforschung erarbeitet", bescheinigte Edelgard Bulmahn während ihres Besuches und sprach ihre Anerkennung auch für die "hervorragende Forschungsmittelrendite" des Institutes aus, das trotz begrenztem Budget so außerordentliche Ergebnisse vorzuweisen habe.
Institutsdirektor Professor Henning Scheich informierte die Gäste über einige Forschungsschwerpunkte seines Hauses. Dazu gehört die Entwicklung von Neuroprothesen, die in Zukunft möglich machen könnten, dass durch Verletzung oder Krankheit erblindete bzw. ertaubte Menschen wieder hören und wieder sehen lernen können. Da sich das einmal geschädigte Nervensystem kaum regeneriert, rücken Neuroprothesen als realistische Alternative immer stärker in den Mittelpunkt wissenschaftlichen Interesses. Professor Scheich dazu: "Neuroprothesen nutzen die natürliche Erregbarkeit von Nervenzellen, um verloren gegangene Funktionen zu ersetzen oder einen gestörten Bereich zu überbrücken." Bekannt sei diese Technologie bislang vor allem beim Cochlear Implantat (Innenohrprothese). Bei dieser Methode werden über ein Mikrofon Schallsignale in eine geordnete elektrische Stimulation der Hörnerven umgesetzt. Häufig kann gehörlosen Menschen mit diesem Hightech-Verfahren jedoch nicht geholfen werden, weil ihr Innenohr beispielsweise durch eine Entzündung verknöchert ist oder die Taubheit durch Schädigung der im Gehirn aufsteigenden Hörbahn verursacht wird. Diesen Menschen könnte zukünftig durch die Implantation einer Neuroprothese für den Hörcortex, dem Teil der Hirnrinde, der das Hören verarbeitet, geholfen werden. Entwickelt wurde die Hörcortex-Prothese mit Rennmäusen, die im gleichen Frequenzbereich hören wie der Mensch. Zwischenzeitlich konnte bei diesen Untersuchungen nachgewiesen werden, dass durch räumlich, zeitlich und raumzeitlich variierte Tiefensimulation des Hörcortex bei den Tieren im Verhalten nutzbare Informationen übertragen werden können. Gleichzeitig wird im Institut auch an der Entwicklung noch komplizierterer Neuroprothesen für den Sehcortex gearbeitet.
Zweite Station während des Institutsrundgangs war der Besuch eines Kernspintomografie-Bereiches. Die Gäste konnten sich einen Einblick in dieses moderne bildgebende Verfahren verschaffen. Mit der funktionellen Kernspintomografie (fMRI) können die Nervenzellaktivitäten im Gehirn sichtbar gemacht werden und sie ist derzeit das wichtigste Werkzeug zur Erforschung der Organisation und Arbeitsweise des menschlichen Gehirns.
Eine enge Kooperation verbindet die Forscher des IfN auf diesem Gebiet mit neurowissenschaftlich arbeitenden Gruppen unserer Universität. Dies wurde auch daran deutlich, dass im Rahmen des Ministerbesuches die beiden Uni-Professoren Bernhard Bogerts, Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin, und Hans-Jochen Heinze, Direktor der Klinik für Neurologie II, gemeinsame Forschungsaktivitäten mit dem Leibniz-Institut anhand einiger Beispiele vorstellten.