Juniorprofessuren - ein neuer Karriereweg

29.03.2002 -  

Im Gespräch mit Rektor Prof. Dr. Klaus Erich Pollmann

Juniorprofessuren - Modeerscheinung oder eine echte Alternative, jungen Wissenschaftlern mehr Verantwortung in Lehre und Forschung zu übertragen?
Es wäre mir lieb, wenn ich diese Frage jetzt schon eindeutig und positiv beantworten könnte. Das ist im Augenblick aber nicht möglich. Die zukünftigen Juniorprofessorinnen und -professoren werden zwar vom Status her eine bessere Position haben, sie haben aber auch eine sehr viel größere Belastung. Ob das nicht am Ende karrierehemmend wirkt, wird sich zeigen.

Warum hat sich unsere Universität zur Einrichtung von 17 Juniorprofessuren entschieden?
Wie viele andere Universitäten haben wir unsere Bedenken zurückgestellt und 17 Juniorprofessuren beantragt. Wir wollen an der Erprobung dieses neuen Karriereweges teilnehmen und unsere eigenen Erfahrungen damit machen. Nur dann können wir zu diesem Thema kompetente Aussagen treffen.

Die Bewerbungsfrist für die Juniorprofessuren lief dieser Tage an unserer Universität aus. Wie groß war das Interesse?
Das Interesse spiegelt weniger die Attraktivität beziehungsweise Nicht-Attraktivität der Juniorprofessur wider, sondern eher die Nachwuchssituation in den verschiedenen Fächern. In den Sozialwissenschaften haben wir bis zu 18 Bewerbungen erhalten, in den Wirtschaftswissenschaften in einem Fall sieben, in einem anderen Fall keine. Insgesamt sind 79 Bewerbungen eingegangen.

Ab wann sollen die Juniorprofessorinnen und -professoren an unserer Universität berufen werden?
In der Regel zum Herbst 2002.

Noch sind die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einrichtung von Juniorprofessuren nicht in vollem Umfang geregelt. Ungeklärte Fragen gibt es beispielsweise hinsichtlich ihrer Stellung innerhalb der Universität. Welche Probleme können da auf die Universität zukommen und welche Lösungswege sehen Sie?
Vorerst müssen die Juniorprofessorinnen und -professoren in die bestehende Stellenstruktur, das heißt in der Regel auf C1- und C2-Stellen berufen werden. Korporationsrechtlich gehören sie zur Professorengruppe. Im Zuge der Dienstrechts- und Besoldungsreform müssen sie - am besten im Vorgriff auf die umfassende Anpassung - in die W-Besoldungsstruktur integriert werden.

Einige Stimmen werden laut, die behaupten, Juniorprofessuren führten zu Mittelmaß. Können Juniorprofessur und Habilitation künftig parallele Wege der wissenschaftlichen Nachwuchsqualifikation sein?
Diese Befürchtung teile ich nicht. Ich bin aber wie sehr viele Kolleginnen und Kollegen entschieden der Meinung, dass die Habilitation erhalten werden muss. Warum soll es nicht zwei Wege geben? Für die Ingenieur-Fakultäten, die einen großen Teil ihrer Professoren aus der Industrie holen, ist das im Übrigen ja gar nichts Neues.

Welche Chancen haben Juniorprofessoren, den Ruf auf eine C3- oder C4-Professur zu erhalten?
Wenn sie von auswärts berufen werden, können sie an ihrer Universität auf einer ,tenure-trak' eine Karriere machen, die nach oben nicht begrenzt ist. Wenn sie aus der eigenen Hochschule berufen sind, müssen sie sich nach spätestens sechs Jahren um eine W2- oder W3-Professur erfolgreich beworben haben. Die Chancen dafür werden weniger von der Qualität der Juniorprofessur abhängig sein als von dem Stellenmarkt für Wissenschaftler.

Vielen Dank für das Gespräch.

Letzte Änderung: 29.03.2002 - Ansprechpartner: Webmaster