Behandlung von Lungenentzündungen verbessern
CAPNET wird im Juli 2002 in Sachsen-Anhalt gestartet
Die Lungenentzündung ist eine häufig auftretende Volkskrankheit und verursacht daher hohe Kosten für das Gesundheitswesen. Schätzungsweise erkranken 800 000 Menschen pro Jahr, knapp ein Drittel davon musste nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Jahre 1998 ins Krankenhaus aufgenommen werden. Damit führt die ambulant, das heißt in der natürlichen Umgebung des Patienten, erworbene Pneumonie häufiger zur stationären Aufnahme als die bekannten Volkskrankheiten Herzinfarkt (132 000 Aufnahmen) und Schlaganfall (162 000 Aufnahmen). Die durch die Erkrankung entstehenden Kosten dürften mehr als eine halbe Milliarde Euro pro Jahr betragen. Die Sterblichkeit liegt bei sechs bis acht Prozent, Pneumonie ist damit zurzeit die sechsthäufigste Todesursache in Deutschland. Die Zahl ambulant erworbener Pneumonien wird aufgrund der Zunahme des Anteils älterer Mitbürger in Zukunft noch erheblich ansteigen. In der Mehrzahl sind die Infektionen auf Streptococcus pneumoniae zurückzuführen. In den USA und verschiedenen südeuropäischen Staaten ist eine zunehmende Resistenz der Erreger gegenüber Antibiotikabehandlungen zu verzeichnen.
Zuverlässige Daten fehlen
Trotz der weltweiten Bedeutung der ambulant erworbenen Pneumonie fehlen in Deutschland zuverlässige nationale Daten zum Erregerspektrum, zur Resistenzsituation der Erreger und zum Verlauf der Erkrankung. Um diese Defizite abzubauen, fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (bmbf) seit Spätsommer 2001 das Projekt Kompetenznetzwerk ambulant erworbene Pneumonie, kurz CAPNET (Community Acquired Pneumonia Netz). Dieses Projekt hat das Ziel, durch eine Vernetzung verschiedener in Deutschland mit diesem Krankheitsbild beschäftigter Gruppen aus allen Bereichen der Medizin neue für Deutschland spezifische Daten zu ermitteln. Das Projekt wird zunächst mit etwa 7,5 Millionen Euro im Zeitraum von drei Jahr vom Bundesministerium gefördert.
Hierbei werden niedergelassene Ärzte, Krankenhausärzte, Mikrobiologen, Virologen, Epidemiologen und Informatiker zusammenarbeiten. Zirka 6000 Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie sollen landesweit erfasst werden. Die verantwortlichen Erreger werden angezüchtet und deren Empfindlichkeit gegenüber Antibiotika ermittelt. Alle klinischen und mikrobiologischen Daten werden zusammengeführt und es wird eine zentrale Material- sowie Informationsbank erstellt.
Acht Referenzzentren
CAPNET steht unter der gemeinsamen Leitung des Infektiologen Prof. Dr. Norbert Suttorp von der Berliner Charité, Prof. Dr. Roland Marre vom Institut für Mikrobiologie und Hygiene der Universität Ulm und Privatdozent Dr. Tobias Welte, Leiter des Bereiches Pneumologie und Internistische Intensivmedizin des Uni-Klinikums Magdeburg. CAPNET sieht den Aufbau von acht Referenzzentren vor, davon eins an unserer Universität. Mit diesen lokalen Netzen werden etwa drei Prozent der Gesamtbevölkerung erfasst. "Im Juli startet das Projekt in Sachsen-Anhalt", informiert Dr. Welte. "Etwa 150 niedergelassene Internisten und Pneumologen werden sich am Netzwerk beteiligen. Wir hoffen, damit etwa drei Prozent aller Patienten, das sind ungefähr 6 000, mit ambulant erworbenen Pneumonien landesweit einzubeziehen." Eine entscheidende Aufgabe von CAPNET bestehe in der Verbesserung der Infrastruktur zur Versorgung von Pneumoniepatienten, so der Experte. Die Ergebnisse des Projekts sollen nicht nur den Teilnehmern zur Verfügung gestellt werden. So ist vorgesehen, Internet-basiert eine mehrdimensionale Informations- und Diskussionsplattform zu schaffen, die Ärzte und Patienten nutzen könnten.