Ein Amerikaner in Magdeburg
Betriebswirtschaftslehre, insbs. Business Administration
Zu Beginn möchte ich auf die Frage eingehen, die man mir sehr häufig gestellt hat: "Warum sind Sie, langjähriger Professor an der Wharton School der Pennsylvania University, einer der besten Wirtschaftsfakultäten der Vereinigten Staaten, gerade hier nach Magdeburg gekommen, um an der Universität zu lehren?"
Die Geschichte begann vor vier Jahren, als ich erstmals von der relativ jungen Fakultät für Wirtschaftswissenschaft an dieser Universität hörte. Man sagte mir, dass hier eine wirklich innovative, gut ausgestattete Fakultät entstanden sei, die vorwärtsweisenden modernen Inhalten und Methoden aufgeschlossen gegenüberstehe. Irgendwie kam ich dann mit Prof. Alfred Luhmer in Kontakt und nach Magdeburg.
Mein damaliger Aufenthalt änderte sozusagen mein Leben. Davor hatte ich gedacht, dass ich möglicherweise mit dem deutschen Universitätssystem, wie ich es mir davor vorgestellt hatte, in Konflikt geraten würde. Ich glaube nämlich fest daran, dass es zumindest für die Lehre in Business Administration zwei Hauptziele gibt - den Studenten beizubringen, wie man sich den Stoff aneignet, also wie man lernt, und, wie man lehrt, also wie man andere überzeugt. Lassen Sie mich das näher ausführen. Der heutige und auch der zukünftige Manager muss sich die Informationen für seine Vorhaben, für seine Strategien selbst zusammenstellen, und er muss andere in hartem Wettbewerb von seinen Ideen überzeugen können. Die Vorstellung also, das die Studenten im Masters Study Program davon profitieren, wie ich aus meinen oder anderen Publikationen stundenlang vortrage und hin und wieder einige kluge Bemerkungen einflechte, ist einfach nicht mehr aufrechtzuerhalten. Zukünftige Manager können nicht erwarten, dass ihnen Lösungen - wie im Lehrbuch - nett und übersichtlich aufbereitet vorliegen.
Ich hatte also die Studenten nahezu vollständig einbezogen. Sie bildeten Teams. Jede Gruppe hatte ein besonderes Thema vorzustellen und unter Verwendung moderner Technik und moderner Software zu veranschaulichen und den anderen nahe zu bringen. So wurden in Operations Research, einem Seminar zur angewandten Mathematik, die jeweiligen Techniken diskutiert und an Beispielen erläutert. Jede Gruppe teilte die Arbeit untereinander auf, um zu vermeiden, dass sich jemand seiner Aufgabe entzieht.
Die Studenten waren erstaunlicherweise sehr mit meinem Vorgehen einverstanden. Man könnte fast sagen, sie haben die Aufgabe besser gemeistert, als ich das getan hätte, da sie beim Erarbeiten im Team auch auf Fragen und Probleme gestoßen sind, die bei der Neuerarbeitung eines Problemkreises auftreten; sie ohne Umstände die modernsten Hilfsmittel für eine Entscheidungsfindung einsetzten und natürlich auch die angebotenen Konsultationen bereitwillig nutzten. Abschließend beschrieben die Teams ihren "Fall", das Praxisbeispiel, das sie nutzten, um den Problemkreis zu erläutern.
Wichtig war auch, dass die Kollegen an der Fakultät allen meinen Vorstellungen aufgeschlossen und positiv gegenüberstanden.
Nach meiner Rückkehr in die USA habe ich oft an das positive Klima an der Universität gedacht, aufgeschlossene, kluge Studenten; eine Fakultät, die Neuem positiv gegenübersteht; überschaubare Lerngruppen; die internationale Zusammensetzung der Seminare im Internationalen Programm, die an die zunehmende Globalisierung der Weltwirtschaft erinnert; an die fruchtbringende Zusammenarbeit mit Kollegen und auch an ein System mit Mitarbeitern und HiWis.
Erstes Magdeburger Semester
So nahm ich zum 1. Oktober 2001 den Ruf auf die Professur Betriebswirtschaftslehre, insbs. Business Administration, in Magdeburg an.
In meinem ersten Magdeburger Semester habe ich in Market Research (Marktanalyse) mit den Studenten modernste statistische Analysemethoden beleuchtet. In einer weiteren Lehrveranstaltung zu Decision Support Systems haben wir uns mit der Dritten Generation moderner Software für Unternehmen beschäftigt, der Grundlage für erfolgreiches ökonomisches Arbeiten, also moderne Grundlagen der Entscheidungsfindung für Firmen analysiert und ausprobiert. Außerdem gab es ein Seminar zum e-commerce, an dem die Studenten mit viel Elan teilgenommen haben.
Im Sommersemester biete ich eine Lehrveranstaltung zu Forcasting, einem Vorgehen wie man Unternehmensergebnisse mit hoher Wahrscheinlichkeit vorauszusagen versucht, und eine andere, in der wir uns anschauen, wie CAPM (Capital Asset Pricing Model) funktioniert, an.
Von meinen Forschungsthemen, die ich nun mit Hilfe meines wissenschaftlichen Mitarbeiters und einiger Studenten, bearbeite, möchte ich nur einige, und zwar diejenigen, die bald abgeschlossen sind, erwähnen: An Investigation of Organisational Performance Pre-and Post-EVA (Economic Value Added) Implementation; An Analysis of the Time Related Alphas and Betas of the Stern Stuart Group; Employee Well-Being: Its Market Effects - The Price of Social Responsibility; The Evaluation of Strictly Judgmental Forecasts, Naive Combination Forecasts and Modified Rule-Based Methods: When to use them and Why do they Work; E-mail: Hi, You've Got Mail or a Serious DSS (Decision Support Systems).
Noch eine Anmerkung: Ein außerordentlich positiver Aspekt des Magdeburger Alltagslebens sind die Radwege in der ganzen Gegend. Jemand, der sich mit dem Rad oder auf Inline Skates fortbewegt, kann hier nur aus Brent Erikssons Notizen zitieren: Ich empfinde die Leichtigkeit, mit der ich von Punkt A zu Punkt B ohne Auto gelangen kann, äußerst erholsam. So ist meine Antwort auf die eingangs gestellte Frage - wo könnte ich sonst sein?