Muster und Strukturen im Alltag

11.07.2002 -  

Vorlesung im Otto-von-Guericke-Jahr

Was haben der große rote Fleck des Jupiters, heißes Fett in einer Pfanne, das Eis in der Arktis, Sandrippel am Strand oder die Blüten von Petunien gemeinsam? Alle verdanken ihre Entstehung nichtlinearen Phänomenen.

Rollenförmige Muster, Wirbel bis hin zur Turbulenz zeigt das Taylor-Couette-System. Dieses recht einfache Experiment, in dem die Strömung einer Flüssigkeit zwischen zwei rotierenden, konzentrischen Zylindern betrachtet wird, gibt Anlass zu weiteren Beobachtungen und Rückschlüssen, zum Beispiel für die Wolkenbildung, Meeresströmung und sogar für den großen roten Fleck des Jupiters. Auch in einem anderen Experiment lassen sich Muster feststellen. Wer hätte gedacht, dass beim gleichmäßigen Schütteln einer mit Sand gefüllten Schale regelmäßige Muster zu sehen sind, deren Form von der Schüttelfrequenz abhängt. Durch derartige Untersuchungen mit granularen Medien lassen sich Erkenntnisse für die Tablettenherstellung ebenso ableiten wie zur Zementherstellung.

Plastikfolie und Petunie

Nicht nur in solchen physikalischen Systemen lassen sich Muster erkennen, sondern auch in biologischen und chemischen Systemen sind Strukturen weit verbreitete. Zu den bekannten Beispielen aus der Biologie zählen die Ausbreitung von elektrischen Impulsen in Nervensträngen und auf dem Herzmuskel. In beiden Fällen dienen Strukturen wie Pulse bzw. rotierende Spiralen der Signalübertragung. Ein anderes Beispiel für Strukturen ist die Entdeckung von Fraktalen in den verschiedensten Bereichen der belebten und unbelebten Natur. So ist doch verblüffend, dass der Rand einer zerrissenen Plastikfolie dem Rand des Blattes einer Petunie gleicht.

Einen kleinen Überblick zum Thema Struktur- und Musterbildung gab Prof. Harry L. Swinney in seiner Vorlesung "Emergence and Evolution of Order" Ende Mai 2002. Der Rektor der Universität, Prof. Dr. Klaus Erich Pollmann, hatte im Rahmen des Otto-von-Guericke-Jahres diese Vorlesung initiiert. Zahlreiche Abbildungen und Computeranimationen verdeutlichten den Zuhörenden die Forschungsarbeit des Gastes. Er zeigte, dass sich trotz großer Unterschiede der Systeme universelle Gesetzmäßigkeiten hinter der Bildung von Strukturen finden lassen.

Der von der Universität Austin in Texas, USA, kommende Physiker sorgte mit seinen zum Teil spektakulären Experimenten zu chemischen, flüssigen sowie granularen Systemen für Aufsehen weit über den Kreis der Spezialisten hinaus. Die Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Arbeit finden u.a. auch Anwendung in der Geophysik, den Materialwissenschaften, der Medizin und der Biologie.

Professor Swinney ist ein international sehr renommierter Wissenschaftler und Gründungsdirektor des "Center for Nonlinear Dynamics" an der Universität Austin, einem weltweiten Zentrum zur Untersuchung von Strukturbildungsprozessen in physikalischen und chemischen Experimenten. Für seine herausragenden wissenschaftlichen Leistungen wurde er u. a. mit dem American Physical Society Fluid Dynamics Prize und dem Career Research Excellence Award geehrt.

Letzte Änderung: 11.07.2002 - Ansprechpartner: Webmaster