Die Welt im leeren Raum
Beeindruckende Ausstellung zum 400. Geburtstag Otto von Guerickes im Kulturhistorischen Museum
Der Versuch mit den Magdeburger Halbkugeln machte ihn berühmt. Mit der Luftpumpe bringt ihn wohl jeder in Verbindung. Zweifellos aber ist über Otto von Guericke sehr viel mehr zu berichten. Was er erfunden, entdeckt und erlebt hat, darüber gibt seit Anfang September 2002 die Ausstellung Die Welt im leeren Raum Otto von Guericke 1602-1686 im Kulturhistorischen Museum in der Otto-von-Guericke-Straße Auskunft. Sie ist einer der Höhepunkte im Otto-von-Guericke-Jahr 2002, in dem der große Sohn Magdeburgs mit zahlreichen Veranstaltungen und Aktivitäten geehrt wird. Anlässlich seines 400. Geburtstages entstand diese Ausstellung des Kulturhistorischen Museums, die noch bis zum 5.Januar 2003 zu sehen sein wird, in Verbindung mit der Otto-von-Guericke-Gesellschaft e.V. und dem Museum für Naturkunde.
Faszinierende Einblicke
Die Schau gibt mit über 500 Bildern und Objekten auf über 1000 Quadratmetern Ausstellungsfläche faszinierende Einblicke in das 17. Jahundert, eine Zeit des Umbruchs der Weltbilder und der Neuorientierung der Wissenschaften. Guerickes originale Pumpen und Halbkugeln, vergoldete Messinstrumente aus höfischen Schatz- und Wunderkammern sowie wissenschaftliche Bücher und Kupferstiche spiegeln die Bedeutung und Vielseitigkeit des Naturwissenschaftlers, Festungsbauers, Bürgermeisters, Astrologen, Paläontologen, Diplomaten, Entdeckers, Ingenieurs, Philosophen ..., kurz des Universalgenies, wider.
Otto von Guerickes berühmte Magdeburger Halbkugeln, seine Vakuumluftpumpe der dritten Bauart sowie die Originalausgabe der "Experimenta Nova". |
Veranschaulicht wird Guerickes Lebenswerk vor dem Hintegrund seiner Biographie, beleuchtet werden Stationen seines Lebens, seine Funktionen und Aufgaben, seine familiäre Situation, die Rolle, die er in seiner Heimatstadt Magdeburg spielte.
Die Ausstellung untergliedert sich in acht Kapitel. Otto von Guericke wird in eine Zeit des Wandels und der Neurorientierung hineingeboren. Philosophen, Naturforscher oder Baumeister erschütterten die Gewißheiten des mittelalterlichen Weltbildes. Dies beschreibt die erste Station der Ausstellung Alte und neue Weltbilder um 1600.
Begegnung mit den neuen Wissenschaften in Europa - Herkunft und Bildung (1602 bis 1625) ist das zweite Kapitel betitelt, das über die Magdeburger Wurzeln Guerickes und seine Studienjahre in Leipzig, Helmstedt, Jena und Leiden informiert.
Dem Ingenieur und Bauherrn - Überlebender der Zerstörung Magdeburgs im Dreißigjährigen Krieg (1626 bis 1641) ist die dritte Station der Ausstellung gewidmet. Guerickes Aufnahme in das Ratskollegium (1626) stand unter dem Vorzeichen des Dreißigjährigen Krieges. In schwedischen Diensten trug er dazu bei, die Verteidigungsanlagen von Magdeburg zu verbessern. Guericke erlebte als Betroffener und Augenzeuge die Eroberung und Zerstörung Magdeburgs. Kupferstiche, Bücher, historische Modelle, kostbare Messinstrumente und Waffen veranschaulichen den Festungsbau, das Messen, Zeichnen sowie das Geschützwesen zu jener Zeit.
Gäste der Megedeborch - ein museumspädagogisches Projekt -, die aus Salzwedel kamen, nutzen die Gelegenheit, sich über Otto von Guerickes Leben und Wirken, und hier im Besonderen über seine erste Vakuumpumpe, zu informieren. Mit dieser Pumpe begründete er die Vakuumtechnik. |
Als Diplomat war er in Europa unterwegs. Der Bürgermeister und Erfinder auf dem Westfälischen Friedenskongress und auf Reichstagen (1642 bis 1654) so der Titel des vierten Kapitels der Ausstellung, das Guerickes Reisen im Auftrag des Rates, seinen Einsatz für Magdeburger Rechte und das Nutzen der Wissenschaft im Dienste der Diplomatie beschreibt. So führte Guericke 1654 vor dem Reichstag zu Regensburg mit 16 Pferden seinen legendären Halbkugelversuch vor.
Nach seinen diplomatischen Bemühungen etablierte sich Guericke als Gelehrter. Dies zeigt die fünfte Station Die Welt im leeren Raum – Der Gelehrte Otto von Guericke entwickelt seine Kosmologie (1655 bis 1676). Sie beschreibt das Hauptwerk "Experimenta Nova", Versuche zum Vakuum, den Weg vom Hebeversuch zur Dampfmaschine, Gerickes Wettermännchen sowie seine Mutmaßungen über kosmische Kräfte und farbige Schatten. Den Einhornfund von Quedlinburg und die systematischen Himmelsbeobachtungen zu jener Zeit dokumentieren weitere Ausstellungsstücke.
Nachbau eines bei Quedlinburg gefundenen Skelettes. Otto von Guericke kam seinerzeit zu dem Schluss, es müsse ein Einhorn sein. Heute wird deutlich, dass es sich bei den gefundenen Knochen um die eines eiszeitlichen Wollnashorns und eines Mammuts handelt. |
Bis in die Moderne
Das Lebensende in Hamburg (1677 bis 1686) beschreibt das sechste Kapitel der Ausstellung. Wegen der im Erzstift Magdeburg grassierenden Pest übersiedelte Otto von Guericke mit seiner zweiten Frau Dorothea zu seinem Sohn nach Hamburg und zog sich von seiner Ratstätigkeit und seinen wissenschaftlichen Arbeiten zurück. 1686 starb er in Hamburg.
Ehrung und Traditionsstiftung ist das siebte Kapitel überschrieben. Im 19. Jahrhundert entdeckte man den Magdeburger Bürgermeister, Diplomaten und Wissenschaftler neu. Die jeweils politischen Machthaber des 20. Jahrhunderts nutzten die Guericke-Ehrung oft auch für popagandistische Zwecke. Heute widmet sich die 1991 gegründete Otto-von-Guericke-Gesellschaft e.V. maßgeblich der Ehrungen und Traditionspflege.
Die letzte Station der Ausstellung gibt einen Ausblick auf Heutige Weltbilder und gestattet eine Blick durch Geräte von Amateurastronomen und in Aufzeichnungen von professonellen Himmelforschern.
Himmelsglobus und Erdglobus von Joan Blaeu zeichnen sich durch hohe kartographische Meisterschaft und zeitgenössische Aktualität aus. Im Hintergrund sind ein Quadrant von Jean Picard sowie eine Kalenderscheibe zu sehen. Guericke forschte zur Frage: Ist zwischen den Gestirnen das Nichts? |
Begleitend zur Ausstellung erschien im Deutschen Kunstverlag ein beachtenswerter Katalog, der neben der Beschreibung der einzelnen Ausstellungsstücke auch zahlreiche Aufsätze zu Otto von Guericke selbst, zu Ereignissen seiner Zeit und zu modernen Methoden der Himmelsbeobachtung beinhaltet.
Eine Homepage informiert über Öffnungszeiten, Eintrittspreise, ein Begleitprogramm für Schüler und Vorträge zur Ausstellung.