Den Volkswirt als Betriebswirt des Staates verstehen
Volkswirtschaftslehre, insbesondere Finanzwissenschaft
Im Sommersemester 2002 übernahm Ronnie Schöb den Lehrstuhl für Finanzwissenschaft an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft. Seine wissenschaftliche Laufbahn begann er 1989 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Versicherungswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München. 1994 promovierte er über das Thema "Ökologische Steuersysteme".
Bereits in Magdeburg gelehrt
Nach seiner Promotion ging er zunächst für ein Jahr nach England und unterrichtete als Lecturer an der University of Essex. 1995 kehrte er nach München an das Center for Economic Studies zurück. Dort habilitierte er sich im Jahr 2000 zum Thema "Steuerreform und Gewinnbeteiligung: Neue Wege aus der Beschäftigungskrise". Im Herbst 2000 ging er für ein Jahr als Gastprofessor an die University of Western Ontario, Kanada. Kaum zurück übernahm er die Vertretung des Finanzwissenschaftslehrstuhls in Magdeburg, bevor er im Frühjahr 2002 den Ruf auf diesen Lehrstuhl endgültig annahm. Neben seiner Tätigkeit an der Universität war Ronnie Schöb von 1997 bis 2000 Geschäftsführer des Vereins für Socialpolitik, der Standesorganisation der deutschsprachigen Wirtschaftswissenschaften.
Prof. Schöb versteht den Volkswirt als den Betriebswirt des Staates. Entsprechend konzentriert er sich in seiner wissenschaftlichen Arbeit ebenso wie in der Lehre darauf, das theoretische finanzwissenschaftliche Instrumentarium auf konkrete wirtschaftspolitische Fragestellungen anzuwenden und so zu fundierten wirtschaftspolitischen Empfehlungen zu kommen. Er setzte sich beispielsweise in seiner Dissertation mit der Frage auseinander, wie man durch eine sinnvolle Verwendung der Steuereinnahmen die Effizienz ökologischer Steuerreformen verbessern kann. In der Folge hat er in mehreren Arbeiten mit Professor Erkki Koskela von der Universität Helsinki gezeigt, dass sich mit einer ökologischen Steuerreform nicht nur signifikante Verbesserungen der Umweltqualität erreichen, sondern auch Arbeitsplätze schaffen lassen.
In seiner Habilitation, die beim Mohr Verlag verlegt wurde, untersuchte Ronnie Schöb, wie durch eine Umgestaltung des deutschen Steuer- und Sozialversicherungssystems die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit in Deutschland abgebaut werden kann. Dabei fragt er sich, inwieweit sich eine Reform des deutschen Abgabensystems in ein Bündnis für Arbeit einbetten lässt, so dass der soziale Konsens in Deutschland nicht gefährdet wird und alle gesellschaftlichen Gruppen davon profitieren können.
Das Thema Arbeitslosigkeit steht auch weiterhin im Mittelpunkt seiner Forschungsinteressen. Im Frühjahr hat er gemeinsam mit Professor Joachim Weimann, Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik, ein Kombilohnmodell entwickelt, das als "Magdeburger Alternative" bekannt wurde. Ähnlich wie etwa die Vorschläge der Hartz-Kommission sieht dieses Modell Maßnahmen vor, die die Arbeitsanreize der Arbeitslosen erhöhten. Doch das Hauptproblem des deutschen Arbeitsmarktes wird nach Meinung der Autoren in den meisten anderen Vorschlägen ausgespart: die zu hohen Arbeitskosten. In der "Magdeburger Alternative" wird deshalb vorgeschlagen, dass die öffentliche Hand die gesamten Sozialabgaben übernimmt, wenn ein Unternehmen einen Hilfeempfänger zu einem Lohn der untersten Tariflohnklasse einstellt. Dies führt zu einer unmittelbaren Absenkung der Lohnkosten in Höhe von ca. 34 % und damit zu gewaltigen Lohnkosteneinsparungen. Um diese Subvention finanzierbar zu machen ist die Verdrängung regulärer Arbeitsplätze zu verhindern. Deshalb werden nur solche Arbeitsplätze subventioniert, die zusätzlich zu der Zahl von Arbeitsplätzen der untersten Tariflohnklasse, die an einem festzulegenden Stichtag bereits im Unternehmen vorhanden sind, eingerichtet werden. Auf diese Weise wird die unternehmensinterne Substitution von regulären Arbeitsplätzen durch subventionierte Arbeitsplätze verhindert. Um die Auslagerung von Arbeitsplätzen zu reduzieren, wird die Subvention darüber hinaus für jeden neu geschaffenen Arbeitsplatz auf einen bereits vorhandenen Arbeitsplatz ausgedehnt. Die mitsubventionierten Arbeitsplätze sind so vor Auslagerung geschützt und der Lohnkostenvorteil ist bei zusätzlicher Beschäftigung für die Unternehmen mit 68 % doppelt so hoch.
Ronnie Schöb und Joachim Weimann haben in verschiedenen Modellrechnungen gezeigt, dass sich bis zu 1,3 Millionen neue Arbeitsplätze in Deutschland schaffen lassen und insbesondere auf dem ostdeutschen Arbeitsmarkt neue Impulse gesetzt werden können.