Aus dem Anders zurück ins Genauso

07.01.2003 -  

Russisch-Intensivkurs

Die Reaktionen unserer Mitstudenten reichten von Verständnislosigkeit bis hin zu blankem Entsetzen bei der Verkündung unseres Vorhabens: "Wir fahren zum Russischlernen in die Ukraine..." - "Russisch? In der Ukraine? Das ist doch tiefste Provinz!" waren noch die mildesten Kommentare, die wir ernteten.

Damals, als wir uns für das Go-East-Programm des Deutschen Akademischen Austauschdienstes entschieden, war uns selbst noch nicht klar, auf was für ein Abenteuer wir uns da einließen. Denn viel mehr als unsere ahnungslosen Mitstudenten wussten die meisten von uns ja auch nicht.

Ende des Sommers 2002 machten wir sieben uns dennoch, unter der Leitung des Fachschaftsrates für Elektrotechnik und Informationstechnik, auf, dieses scheinbar so fremde Land zu erkunden. Unsere zweitägige Reise führte uns mit dem Zug über Berlin, Warschau, Jagodin (dort wurde das Fahrgestell gewechselt) nach Kiew und letztendlich nach Donezk. Diese Stadt ist das wirtschaftliche, kulturelle und wissenschaftliche Zentrum des Donbass-Beckens.

Zur besseren Orientierung ein paar Kennzahlen:
Einwohner: 1,5 Millionen
davon Studenten: über 50000
Anzahl der Universitäten: 4
Anzahl der 1. Liga-Fußballclubs: 2

Die erste Woche gestaltete sich für uns sieben unerschrockene Helden ein wenig schwierig: Zum einem "die andere Sprache", zum anderem die unbekannten Gepflogenheiten und Gegebenheiten. Zu den neuen Erfahrungen, die wir sehr schnell sammelten, zählten zum Beispiel, dass die Entfernung zwischen zwei Städten nicht in Stunden, sondern in Tagen angegeben wird, dass jede Wohnheimetage ihre eigene Dezhurnaja (guter Geist und Mutti in Personalunion, manchmal aber auch ein unüberwindliches Hindernis) hat, dass in einem eigentlich überfüllt scheinenden Bus immer noch ein Plätzchen frei ist, dass kulturelles Interesse keine Frage des Standes ist, dass Tomaten auch nach Tomaten schmecken können und dass Lebensfreude zur Normalität gehört. Aber das Beeindruckendste ist die Gastfreundschaft, so muss man das Geburtstagskind nicht einmal kennen, um von ihm eingeladen zu werden. Es reicht, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Daraus ergab sich unserer erster Eindruck: Hier ist alles "anders"! Doch an all dies gewöhnten wir uns sehr schnell.

Durch den Russisch-Intensivkurs wurde auch das Sprachproblem kleiner. So konnte bald jeder selbstständig einkaufen, bestellen und alle anderen Alltagssituationen meistern. Das Erstaunliche daran ist, dass es uns Spaß machte, unseren Wortschatz zu erweitern. Nach vier Wochen Russisch intensiv brummte uns der Schädel. Es machten sich die ersten Entzugserscheinungen nach einem Sonntagsbraten bei Muttern und auch in vielen Fällen nach der Freundin, die man zu Hause gelassen hatte, bemerkbar.

Wir waren begeistert von unserem Ukraineaufenthalt, sind aber auch leichten Herzens wieder nach Hause gefahren... um festzustellen: "Zuhause ist vieles genauso!"

Letzte Änderung: 07.01.2003 - Ansprechpartner: Webmaster