Mal eine andere Sichtweise
Ein Schulpraktikum im Ausland
Als Lehramtsstudentin in der Fächerkombination Englisch/Ethik ergab sich für mich in diesem Herbst die Möglichkeit, eines der Praktika nicht wie üblich an einer Schule in Deutschland, sondern in Großbritannien zu absolvieren. Die Erfahrungen, die ich an der Bluecoat Schule in Nottingham sammeln konnte, beeindruckten mich sehr; denn im Vergleich zu den von mir in Deutschland besuchten Schulen stellte ich einige Unterschiede fest. Manches aus dem britischen Schulsystem ist durchaus nachahmenswert und könnte auf deutsche Verhältnisse übertragen werden.
So wirkt sich die Pflicht, bis zur 11. Klasse Schuluniform zu tragen, positiv auf das Verhalten der Schüler und das Unterrichtsklima aus. Die sozialen Unterschiede treten im Schulalltag in den Hintergrund, und die Schüler identifizieren sich stärker mit ihrer Schule und fühlen sich "smart".
Lehrer setzen sich zusammen
Die Zusammenarbeit zwischen Schülern, Lehrern und Eltern ist sehr eng. Am Anfang eines jeden Schuljahres unterschreiben die Schüler, die Lehrer und die Eltern ein "Home School Agreement", also eine Vereinbarung, in der sich alle drei Parteien verpflichten, die Hausordnung und Schulregeln zu achten und sich zu bemühen, die Schüler zu ihrem bestmöglichen Lernergebnis zu führen. Auf diese Weise wird den Schülern Eigenverantwortung für ihr Benehmen in der Schule und für ihre Lernfortschritte übertragen, und die Eltern werden von Anfang an dazu aufgerufen, sich über das Niveau ihres Kindes zu informieren und die Lehrer in jeglicher Hinsicht zu unterstützen. Außerdem werden der Schuljahresablaufplan, die Schulordnung und Informationen, mit wem und wo Eltern und Schüler bei Problemen (z.B. Nachhilfe) Kontakt aufnehmen können, an die Schüler und Eltern verteilt.
Zwei Bibliotheken (eine für die Klassenstufen 7-10 und eine für die Oberstufe) stehen den Schülerinnen und Schülern zur Verfügung, die von drei fest angestellten Bibliothekarinnen betreut werden - eine für Magdeburger Schulen fast unvorstellbare Einrichtung. Weiterhin steht es jedem Schüler frei, die Computerräume der Schule zu nutzen, was verstärkt die Schüler, deren Eltern sich keinen Computer leisten können, anspricht.
In allen Fachgruppen, so konnte ich feststellen, arbeiten die Lehrer sehr eng zusammen. Im Schuljahresablaufplan sind spezielle Tage festgelegt, an denen für die Schüler ’schulfrei' ist; denn an diesen Organisations- oder Diskussionstagen reflektiert das gesamte Lehrerkollegium, meist verteilt auf die verschiedenen Fachbereiche, z.B. über die Umsetzung des Lehrplans, über Probleme mit einzelnen Schülern, über Struktur und Ablauf des Schultages usw. Gemeinsam wird versucht, eine Lösung zu finden, was sogar so weit gehen kann, dass ein Lehrer, der z.B. mit einem Schüler im Deutschunterricht Probleme hat, bei Kollegen in anderen Fächern (z.B. in Mathematik) hospitiert, um zu erleben, wie sich der betreffende Schüler dort verhält.
In der 12. Klasse finden wöchentlich zwei Stunden für ein zentrales Treffen aller Schüler und ihrer Lehrer statt. Diese Tutor Periods dienen einerseits einem besseren Kennenlernen der Schulgemeinde; es wird aber auch besprochen, was man nach dem Abitur machen, an welcher Universität man studieren könnte usw. So kommt zum Beispiel jedes Jahr auch ein Vertreter einer Firma in die Schule, um den Schülern anzubieten, Praktikums-Projekte durchzuführen (z.B. der Entwurf einer Werbekampagne für einen Lippenstift).
Die interessanten und positiven Erfahrungen, die ich an dieser britischen Schule sammelte und die mir neue Anregungen vemittelten, zeigen, dass es sich lohnt, bei Schulpraktika nicht an den deutschen und sachsen-anhaltischen Grenzen kleben zu bleiben.