Praxisluft in ganz Europa um die Nase wehen lassen

06.03.2003 -  

Seit zehn Jahren vermittelt ComEAST im EU-Programm Leonardo Da Vinci Praktikanten

Ob Architektur auf Malta, Ökotrophologie in einer Großküche in Finnland, Informatik in Norwegen, Organisation von Reisen in Irland oder die Kontrolle von Abwässern in England - ComEAST versucht, für die Bewerber, die von allen Hochschulen Sachsen-Anhalts kommen, einen passenden Praktikumsbetrieb zu finden. Und das seit inzwischen zehn Jahren. So lange schon vermittelt, betreut und (ko-)finanziert ComEAST mit Sitz im Akademischen Auslandsamt der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Praktika im europäischen Ausland (Homeage oder Angela Wittkamp, Tel.: 0391/67-18778).

Studium sinnvoll ergänzen

Zur Finanzierung des Praktikums erhalten die Studierenden neben ihrer Praktikantenvergütung ein Stipendium aus dem Leonardo Da Vinci-Programm, das derzeit im Durchschnitt 350 Euro monatlich beträgt. Auch die Kosten für Hin- und Rückreise sowie eine sprachliche Vorbereitung kann ComEAST mit Hilfe dieses europäischen Berufsbildungsprogramms erstatten. Voraussetzung für eine Förderung ist, dass das Praktikum das Hochschulstudium in sinnvoller Weise ergänzt, dass es mindestens drei (bis maximal 12) Monate dauert und dass es in einem Unternehmen in einem Land der EU oder einem assoziierten Land (Mittel- und Osteuropa, Malta, Zypern) sowie Norwegen oder Island absolviert wird. In Studiengängen wie Naturschutz oder Sozialpädagogik, in denen ein betriebliches Praktikum weniger sinnvoll ist, sind auch Praktika in Vereinen, Stiftungen oder Behörden möglich.

Seit 1995 hat ComEAST 400 Studierende aus Sachsen-Anhalt zum Arbeiten und Lernen in ganz Europa geschickt, darunter 50 Studierende der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Der fachliche Schwerpunkt liegt hier eindeutig in den Wirtschaftswissenschaften (International Management) mit ca. 50%, aber es konnten auch Studierende der Anglistik, der Sportwissenschaft, Psychologie, Elektrotechnik und Informatik ins Praktikum gehen. Bevorzugte Zielländer waren Großbritannien, Frankreich und Spanien, aber es waren ebenso Praktika in Irland, Italien, Schweden, Norwegen, Österreich, Tschechien und Polen darunter.

Zu ca. 40 Unternehmen in Sachsen-Anhalt pflegt ComEAST enge Kontakte und vermittelt ihnen Praktikanten aus dem europäischen Ausland. Diese so genannten "Incomings" kommen zum Großteil aus Mittel- und Osteuropa aus technischen oder wirtschaftswissenschaftlichen Studienfächern. ComEAST betreut diese Praktikanten und führt u.a. regelmäßig Praktikantentreffen durch, zu denen auch an einem Auslandspraktikum interessierte deutsche Studierende herzlich eingeladen sind - insbesondere wenn sie nach Mittel- und Osteuropa gehen möchten. Um die Praktika in dieser Region weiter auszubauen, arbeitet ComEAST seit kurzem eng mit der Deutsch-Bulgarischen Gesellschaft zusammen. Hierdurch werden 23 deutsche Praktikanten die Möglichkeit erhalten, die Lebens- und Arbeitsbedingungen in einem von insgesamt sechs Unternehmen in Bulgarien kennen zu lernen. Im Gegenzug werden ca. fünf bis zehn bulgarische Studenten des Studienganges Europawissenschaften der Universität in Plovdiv in einen Betrieb in Sachsen-Anhalt gehen.

Anerkennung der Praktika

Damit die Praktikanten möglichst stark von dem Praktikum profitieren, legt ComEAST Wert auf gute Vorbereitung und Anerkennung der Praktika. Hierzu zählt neben fachlicher und sprachlicher Vorbereitung auch die CD Eurotracker, mit deren Hilfe die Praktikanten ihre nicht-fachlichen Schlüsselkompetenzen wie Teamfähigkeit, Flexibilität, Kommunikationsfähigkeit oder Ergebnisorientierung kennen lernen, beurteilen und im Praktikum beobachten und gezielt weiterentwickeln können. Diese Selbstlern-CD wurde von ComEAST im Rahmen eines europäischen Leonardo Da Vinci-Pilotprojektes mitentwickelt. Nach dem Praktikum erhalten alle Praktikanten den Europass, der von der EU in Hinblick auf einen grenzüberschreitenden europäischen Arbeitsmarkt konzeptioniert wurde, um auch im Berufsbildungsbereich eine europaweit einheitlichere Anerkennung von berufspraktischen Erfahrungen zu erreichen.

Knapp 1,5 Mio. Euro hat ComEAST in den vergangenen Jahren von der EU für Mobilitätsprojekte erhalten. Diese Summe ging zu ca. 90% direkt als Stipendien an die Studierenden. Die Arbeit von ComEAST wird durch das Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt und die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg unterstützt.
Angela Wittkamp

Ein Erfahrungsbericht

Als Praktikant aus der Schweiz war ich bei ComEAST am Akademischen Auslandsamt der Universität Magdeburg und habe Deutschland etwas näher kennen gelernt. Ich verstehe die Sprache jetzt ziemlich gut, aber einige Sachen sind noch immer unverständlich für mich. Zum Beispiel: Mittags ging ich immer mit einigen Kolleginnen und Kollegen in die Mensa zum Essen (das Essen war übrigens besser, als ich befürchtet habe). Fast alle redeten während ihrer Mahlzeit, nur nicht ich, und trotzdem war ich fast immer der Letzte, der fertig war. Vielleicht ist es die so genannte schweizerische Langsamkeit. Manchmal gab es wirklich komische Gewohnheiten, komisch nur deshalb, weil ich diese nicht gewöhnt war. Am Anfang war ich erstaunt, dass sich am Morgen alle Mitarbeiter die Hand drücken. Und es gab noch etwas Besseres: Bei einer Rede des Kanzlers habe ich wirklich gelacht als am Ende alle Leute auf ihren Tisch geklopft haben. Was in der Schweiz, zumindest im französischen Teil, aus dem ich komme, kindisch wäre, ist hier ein Zeichen des Respekts. "Autres endroits, autres moeurs". Sonst ist Deutschland nicht so anders als die Schweiz und früher oder später werden wir sicherlich auch in der EU sein.

Nicht nur, dass ich in einem europäischen Land zum Praktikum war, nein ich arbeitete auch für die Europäische Union im Rahmen des Organisierens von europäischen Studentenpraktika. Die Schweiz zahlte das Geld für mein Praktikum, damit ich dieses im europäischen Programm Leonardo da Vinci machen konnte (seien Sie unbesorgt, ich bekam nicht genug, um etwas in einer Schweizer Bank einzuzahlen). Komischerweise hätte ich vielleicht dieses Praktikum nie bekommen, wenn die Schweiz in der EU wäre. Denn

ComEAST darf keine Leonardo da Vinci-Praktikanten beschäftigen, aber einen Schweizer Praktikanten schon, denn für den bezahlt sein Land selbst. So arbeitete ich im Rahmen eines europäischen Programms und für dieses, weil mein Land nicht zur EU gehört!

Das Leben ist doch manchmal wirklich merkwürdig.
José Formaz

Letzte Änderung: 06.03.2003 - Ansprechpartner: Webmaster