Mit einem Notebook zu Vorlesung und Übung
Vorreiter in der Physikausbildung
Üblicherweise haben die Studenten Schreibblock und Stifte, Arbeitsblätter mit ihren gelösten Aufgaben oder auch Vorlesungsmitschriften in ihren Rucksäcken oder Taschen, wenn sie zur Übung gehen. Nicht so einige Physikstudenten an der Universität Magdeburg. Sie bringen Notebooks mit. Seit dem vergangenen Wintersemester gibt es an der Fakultät für Naturwissenschaften eine neue Lehrveranstaltung, zu der jeder teilnehmende Student für die Dauer des Kurses ein universitätseigenes Notebook als Leihgabe erhält. Die Vorlesungsreihe mit dem Titel Moderne mathematische Methoden für Physiker ist Bestandteil des Diplomstudienganges Physik. Die Notebooks wurden im Rahmen des Landesförderprogramms Multimedia in Lehre und Studium an den Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt angeschafft. Mit der Kombination einer Vorlesungsreihe und dem Verleih von Notebooks an die Studenten ist die Otto-von-Guericke-Universität, zumindest innerhalb der Physikfachbereiche, Vorreiter in Deutschland.
Der Initiator und Durchführende der Lehrveranstaltung, Prof. Dr. Andreas Engel vom Institut für Theoretische Physik, begründet seinen Vorstoß mit der in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren stattgefundenen Umwälzung in der Nutzung mathematischer Hilfsmittel: "Die Verfügbarkeit leistungsfähiger Computer auf jedem Schreibtisch und die Entwicklung ausgeklügelter Computeralgebrasysteme hat die Anwendung mathematischer Methoden in der physikalischen Forschung grundlegend verändert." Dieser Wandel schlägt sich seit einigen Jahren schon zunehmend in der Gestaltung der Lehre nieder. Bereits in den ersten Semestern wird in Mathematik- und Physikvorlesungen demonstriert, wie leistungsfähig inzwischen moderne Programmpakete wie maple, matlab oder mathematica sind. Schwierige Begriffsbildungen werden durch die Visualisierungswerkzeuge anschaulicher gemacht; und die Studierenden werden angeregt, diese Pakete zur Unterstützung ihrer eigenen (Haus-)Arbeit zu nutzen. In Veranstaltungen über numerische Mathematik ist die Verwendung der genannten Programmpakete inzwischen eine Selbstverständlichkeit. Mit der neuen Vorlesung soll dieser Trend nun verstärkt, gebündelt und speziell auf die Bedürfnisse angehender Physiker ausgerichtet werden.
In den wöchentlichen Vorlesungs- und Übungsstunden vermittelt der Kurs Studenten des 3. Semesters wichtige mathematisch-algorithmische Hilfsmittel der Physik, problemorientiert an realistischen Beispielen. Integraler Bestandteil sind kleine Programme unter Benutzung eines Computeralgebrasystems, mit dem auch die Profis in Forschung und Industrie arbeiten. Die Programme werden in der Vorlesung erläutert und sind danach über die Homepage der Arbeitsgruppe per Internet jedem Studenten zugänglich. Zur weiteren Vertiefung werden von Woche zu Woche Übungsaufgaben gestellt, deren Lösungen in der Übung ausführlich erläutert werden. "Speziell durch die Übung wird die Lücke zwischen Erfassen von Aufgabenstellungen und systematischem sowie effektivem Lösen mit dem Computer geschlossen", schätzt Dirk Rannacher, der die Übungen betreut, ein. "Die meisten besprochenen Aufgaben begegnen den Studenten im weiteren Verlauf ihres Studiums so oder in ähnlicher Form wieder, und sie können dann auf die dargestellten Methoden zurückgreifen."
Um mit einem so komplexen Programmsystem wie einer Computeralgebra wirklich vertraut zu werden, muss man praktisch jederzeit unkomplizierten Zugang zu einem Computer haben. Persönliche Notebooks stellen diesbezüglich die optimale Variante dar. In jeder Vorlesungspause, in der Cafeteria oder auf der Wiese kann an der Lösung der Übungsaufgaben gearbeitet werden. Stephan Härtel, ein teilnehmender Student, schätzt gerade diesen Umstand besonders: "Wichtig ist der möglichst frühzeitige Brückenschlag zwischen Mathematik, Physik und ,Computerei'. Durch die Beispielprogramme kann ich die Computersprache ziemlich schnell verstehen. Mit dem Notebook kann ich dann jederzeit an der Lösung der Aufgaben basteln."
Das erste Semester mit der neuen Lehrveranstaltung ist gerade zu Ende gegangen. Wegen der sehr guten Resonanz wird im Institut für Theoretische Physik bereits an einer Fortsetzung im kommenden Sommersemester gearbeitet.