Vier neue Diplomstudiengänge
Erweitertes Studienangebot in der Verfahrens- und Systemtechnik
Im Studiengang "Verfahrenstechnik" der Fakultät für Verfahrens- und Systemtechnik konnten trotz intensiver Werbemaßnahmen die Anfängerzahlen von Studierenden nicht wie gewünscht gesteigert werden. Fast alle deutschen Universitäten stehen vor diesem Problem. Der Bedarf in der stoffumwandelnden Industrie an Ingenieurinnen und Ingenieuren der Verfahrenstechnik kann hingegen schon seit längerem nicht mehr abgedeckt werden.
Eine Umfrage der Fakultät bei etwa 300 Schülerinnen und Schülern ergab, dass die meisten sich unter "Verfahrenstechnik" wenig vorstellen können. Der allein beschreibende Begriff "Verfahrenstechnik" lässt die Spezialisierungen und die Inhalte des Studiums kaum erkennen. Die Fakultät hat daher das Studienangebot erweitert. Seit dem vergangenen Wintersemester werden die vier Diplomstudiengänge "Verfahrenstechnik", "Umwelttechnik und Energieprozesstechnik", "Computergestützte Prozessgestaltung" sowie "Molekulare und strukturelle Produktgestaltung" angeboten. Die Begriffe sollen die auf neuesten Stand gebrachten Inhalte des Studiums sichtbarer und somit leichter vermittelbar machen. Darüber hinaus sollen Studierende für das Hauptstudium bzw. als Quereinsteiger gewonnen werden, beispielsweise Chemiestudierende nach dem Vordiplom, Fachhochschul- oder Bachelorabsolventen, Hochschulabsolventen verwandter Studiengänge sowie berufstätige Ingenieurinnen und Ingenieure zur Weiterbildung. Alle vier Studiengänge verfügen über ein weitgehend einheitliches Vordiplom, das als Ausgangsbasis dient. In ihm werden mathematisch-naturwissenschaftliche und ingenieurwissenschaftliche Grundlagen vermittelt. Im 5. bis 7. Semester werden die spezifischen Grundlagen behandelt. Im 8. bis 10. Semester wird die Anwendung dieser Grundlagen auf spezielle Problemstellungen vermittelt.
"Molekulare und strukturelle Produktgestaltung" ist sicherlich der innovativste der vier Studiengänge. Er entspricht den Erfordernissen einer auf die Herstellung hochveredelter Produkte fokussierten Stoffwirtschaft. Bei den Zielprodukten handelt es sich z.B. um pharmazeutische Wirkstoffe und formulierte Arzneimittel, hochselektive aktive Zentren und optimal gestaltete Katalysatoren sowie nanostrukturierte Materialien. In diesem Bereich besteht zunehmend Bedarf an Absolventen, die hervorragende Kenntnisse der Chemie in idealer Weise mit methodischen Fertigkeiten der Verfahrenstechnik verknüpfen.
Auf molekularer Ebene vollzieht sich derzeit in der Chemie eine stürmische Entwicklung. Neben einer weiteren Annäherung der Anorganischen und Organischen Chemie über die Brücke der modernen Metallorganik spielt zunehmend die gezielte Entwicklung neuer Materialien mit definierten Eigenschaften eine zentrale Rolle, die zu einer starken Vernetzung mit der Physikalischen Chemie und der Verfahrenstechnik führt. Aus der Sicht der Anorganischen Chemie ist hier insbesondere die Entwicklung neuer Festkörpermaterialien, die Synthese so genannter Nanostrukturen und die Entwicklung neuartiger Katalysatoren von Bedeutung. Durch geeignete Messmethoden können die gewünschten Produkteigenschaften ermittelt, zum Teil auch vorhergesagt und somit in anwendungsorientierten Produktionsprozessen realisiert werden. Die Organische Chemie befasst sich mit der Lösung von Syntheseproblemen und damit verbundenen analytischen Herausforderungen. Ein sehr wichtiger Schwerpunkt ist dabei die Synthese von komplexen Natur- und Wirkstoffen. Speziell in der pharmazeutischen Industrie spielt die Auffindung neuer Wirkstoffe - so genannter Leitstrukturen - eine zentrale Rolle in den Forschungslaboren. Der Erfolg der pharmazeutischen Unternehmen hängt wesentlich von der Anzahl der sich in der "pipeline", also in der Entwicklung zu einem wirksamen Medikament, befindlichen Leitstrukturen ab.
Aber auch die Formulierung z.B. der Wirkstoffe zu anwendungsfertigen Arzneimitteln und die Herstellung in technischem Maßstab stellen zahlreiche Herausforderungen dar. Dazu gehören beispielsweise das Scale-up chemischer Reaktionen oder die Aufreinigung von Zwischen- und Endprodukten. Hierzu sind neben der Technischen Chemie die verschiedenen Gebiete der Verfahrenstechnik notwendig und in Magdeburg durch das Zusammenwirken in einer Fakultät auch in für Deutschland einmaliger Weise verfügbar.