Wirbelschicht-Sprühgranulation

07.04.2003 -  

Körnige Feststoffe aus flüssigen Produkten herstellen

In der Feststoffverfahrenstechnik spielen in der Regel Partikel eine entscheidende Rolle, deren Eigenschaften durch Verteilungen charakterisiert werden. Beispiele hierfür sind Größe, Form, Dichte, Rauhigkeit, Festigkeit, Kompressibilität, Fließfähigkeit, Löslichkeit, Redispergierbarkeit, Retardierung, Quellvermögen, Benetzbarkeit, Porosität, Feuchtegehalt oder Hygroskopizität. In Populationen dieser heterogenen Partikel sind diese Eigenschaften nicht einheitlich, sondern entsprechend ihrer Verteilungsfunktionen mit der Zeit und von den örtlichen Positionen der Partikel anhängig. Diese so genannten eigenschaftsverteilten Systeme werden mittels partieller Integro-Differentialgleichungen mit integralen Randbedingungen beschrieben, wobei die Modellgleichung auch als Populationsbilanz bezeichnet wird.

Um die Analyse der Populationsdynamik disperser Feststoffsysteme, vor allem auf dem innovativen Gebiet der Partikelwachstumsprozesse, voranzutreiben, arbeitet Dr. Stefan Heinrich als Juniorprofessor für "Dynamik eigenschaftsverteilter Systeme in der Feststoffverfahrenstechnik" an der Fakultät für Verfahrens- und Systemtechnik. Sein Hauptarbeitsgebiet ist dabei die Wirbelschicht-Sprühgranulation als Verfahren, um bei intensiven Wärme-, Stoff- und Impulstransportvorgängen hochwertige frei fließende, staub- und abriebarme körnige Feststoffe aus ursprünglich flüssigen Produkten wie Lösungen, Suspensionen, Schmelzen und Emulsionen herzustellen. Dazu werden die in den Flüssigkeiten enthaltenen Feststoffe oder staubförmig anfallende Pulver in eine homogene oder heterogene Granulatform überführt, bereits bestehende Feststoffgranulate ein- oder mehrschichtig ummantelt (Verkapselung, Coating), Hohlpartikel erzeugt, Wirkstoff- bzw. Trägermaterialien als Kompositpartikel in eine Matrix eingebunden oder Feststoffpartikel agglomeriert.

Die Produkte werden als partikuläre Katalysatoren oder Adsorbentien, Abwassergranulate, Granulate organischer Säuren, organische oder anorganische Salze, Mineralien, Farbstoffe, Herbizide/Pestizide, Waschmittel, biologisch aktive Pflanzenschutzmittel, Düngemittel, Gerbstoffe, Pharmazeutika, Nahrungsmittel (z.B. kandierte Kaffeebohnen) oder Tierfuttergranulate in der chemischen und pharmazeutischen Industrie, in der Abfallentsorgung, in der Lebensmittelverfahrenstechnik und Landwirtschaft eingesetzt.

Bei der Modellierung der dynamischen Partikelwachstumsprozesse sollen die Gesetzmäßigkeiten und komplexen Zusammenhänge zwischen den Mikroprozessen Verdüsung, Partikelbenetzung, Tropfenabscheidung, Tropfenkoaleszenz, Wärmetransport, Trocknung, Stofftransport, Fluiddynamik und Feststoffvermischung, Partikelhaftung, -agglomeration, -bruch und -abrieb, Keimbildung, Keimeinbindung, Staubabscheidung, Produktaustrag und -klassierung und deren dynamische Rückwirkungen auf den Gesamtprozess untersucht werden. Dabei soll die Qualität der Produkte beeinflusst und die bei der Trocknung benötigte Energie reduziert werden, so dass sowohl die natürlichen Ressourcen geschont, als auch die Emissionen von Treibhausgasen vermindert werden können.

Kooperationspartner

Das Ziel der Forschung besteht daher in der Herleitung geeigneter physikalisch begründeter mathematischer Teilmodelle und der Kopplung der Material- und Partikeleigenschaften sowohl mit den Apparate- und Betriebsbedingungen wie auch mit den Beanspruchungsbedingungen, um das Granulationsverhalten und die Partikelmorphologie sowie die mehrdimensionalen Temperatur- und Konzentrationsfeldern in derartigen flüssigkeitsbedüsten Wirbelschichten zu beschreiben. Neben der Berechnung der stationären Betriebszustände soll vor allem die Vorhersage des instationären Verhaltens für unterschiedliche Fahrweisen möglich sein. Bei Letzterem ist insbesondere die Beurteilung der Stabilität bei periodischer Betriebsführung von großer Bedeutung.

Zur experimentellen Validierung seiner mathematischen Modelle stehen dem Juniorprofessor die halbtechnischen Versuchsanlagen sowie die Mess- und Laborgeräte des Lehrstuhles für Chemischen Apparatebau (Lehrstuhlleiter Prof. Dr. Lothar Mörl) zu Verfügung, mit dem eng zusammengearbeitet wird. Zukünftig wird zudem verstärkt mit dem Max-Planck-Institut für Dynamik komplexer technischer Systeme kooperiert.

Letzte Änderung: 07.04.2003 - Ansprechpartner: Webmaster