Reformen nur gemeinsam zu realisieren

10.07.2003 -  

Hochschulstrukturdebatte im Landtag

Gefordert hatte die SPD-Fraktion im Landtag mehr Zeit zur Erarbeitung eines Hochschulstrukturplanes, Verstetigung der Hochschulbudgets bis 2006 auf dem Niveau von 2003 und die Zusage zur Sicherung aller gegenwärtigen Hochschulstandorte. Durchsetzen konnte sie diese Punkte ihres Antrages nicht.

Trotz der schwierigen Finanzlage müsse der Wissenschafts- und Forschungsbereich weiterentwickelt werden, unterstrich die bildungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Dr. Gerlinde Kuppe. Kürzungen in diesen Bereichen bedeuteten Schaden für die wirtschaftliche Entwicklung und die Perspektiven junger Menschen in Sachsen-Anhalt. Es gehe der Landesregierung anscheinend nicht darum, welche Wissenschaftsstruktur das Land benötige, sondern welche finanzielle Ausstattung man sich noch leisten will. Erst dann werde geschaut, wie die Hochschulstruktur auf das Einsparziel zugeschnitten werden könne. Zur Lehrerausbildung verwies Dr. Kuppe auf einen Bericht des Kultusministeriums vom April 2003, der auf den akuten Lehrermangel in Deutschland aufmerksam macht und insbesondere feststellt, dass die Mangelsituation in Sachsen-Anhalt in verschiedenen Fächern auch nicht durch ein umfangreiches Weiterbildungsangebot auszugleichen sei. Bezüglich der Ingenieurausbildung an der Martin-
Luther-Universität Halle-Wittenberg warnte sie vor gravierenden Auswirkungen auf die Forschungsschwerpunkte Bio- und Materialwissenschaften, würden die ingenieur- und materialwissenschaftlichen Ausbildungsgänge in Halle geschlossen.

Erheblicher Reformstau

Gerlinde Kuppe schlug vor, über Fraktions- und Parteigrenzen hinweg gemeinsam mit den Hochschulen, den anderen Forschungseinrichtungen und der Wirtschaft eine Landesinitiative unter dem Motto „Studieren und forschen in Sachsen-Anhalt" zu starten.

Kultusminister Prof. Dr. Jan-Hendrik Olbertz war von dem Kooperationsangebot angetan, die angespannte Situation verlange, die Reformen gemeinsam zu realisieren. In der Beurteilung der Leistungsfähigkeit und Bedeutung des Potenzials von Forschung und Wissenschaft im Land könne er dem Antrag der SPD durchaus zustimmen. Doch die gegenwärtige Staatsverschuldung habe ihn in Entsetzen versetzt. Täglich seien 2,5 Millionen Euro Schulden zu begleichen. Vor diesem Hintergrund gelte es, „wissenschaftliche Qualität und Exzellenz mit dem Gebot der Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen". Um das Einsparpotenzial von zehn Prozent zu realisieren, müsse behutsam vorgegangen werden, so der Minister. Es bestehe jedoch ein erheblicher Reformstau.

Dem stimmte auch der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Dr. Norbert Volk, zu. Die Debatte über zukunftsfähige Hochschulstrukturen sei längst überfällig. Nun muss sie vor dem Hintergrund leerer Kassen geführt werden.

Er plädierte nachdrücklich für Realismus auf beiden Seiten und warnte vor überzogenen Erwartungen und Prognosen bezüglich künftiger Studierendenzahlen oder finanzieller Handlungsspielräume. Gleichzeitig appellierte er an die Finanzpolitiker, eine Hochschulreform nicht alleine unter dem Aspekt der finanztechnischen Optimierung durchzuführen. Der SPD-Fraktion warf Dr. Volk vor, ihren Antrag zur „Unzeit" gestellt zu haben, da die Diskussion zur Hochschulstruktur noch nicht im parlamentarischen Raum angekommen sei.

Kultusminister Olbertz kündigte an, noch vor der Sommerpause Vorschläge vorzulegen. Für eine breite Diskussion werde genügend Zeit eingeräumt. Im Herbst sollen die Ergebnisse der hochschulpolitischen Diskussion in einem Hochschulstrukturgesetz parlamentarisch legitimiert werden.

Die PDS-Fraktionsvorsitzende, Dr. Petra Sitte, verwies auf den aus dem Ruder gelaufenen ursprünglichen Zeitplan für die Verabschiedung eines Hochschulstrukturgesetzes durch den Landtag und mahnte u.a. die Beteiligung der Hochschulangehörigen an der Entscheidungsfindung an. Eine Auseinandersetzung mit neuen Entwicklungsherausforderungen sei auch für die Hochschulen ein neuer „Markt". Die Frage, was wir von den Hochschulen erwarten, sei jedoch zu einseitig betrachtet. Die Frage, was können Hochschulen leisten und was brauchen sie dafür, müssten sie selbst als großes Gegenargument zu Kürzungsplänen einbringen.

Letzte Änderung: 10.07.2003 - Ansprechpartner: Webmaster