Eine Universität geht ins Museum
Ausstellung „Guerickes Erben. 50 Jahre Hochschulstandort – 10 Jahre Otto-von-Guericke-Universität"
„Guerickes Erben" seien noch jung an Jahren und doch schon „museumsreif", konstatierte Magdeburgs Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper zur Eröffnung der Ausstellung „Guerickes Erben. 50 Jahre Hochschulstandort – 10 Jahre Otto-von-Guericke-Universität", die noch bis zum 31. Oktober 2003 im Kulturhistorischen Museum in der Otto-von-Guericke-Straße zu sehen ist. Neben manch ehrwürdiger Universität nehme sich das Alter von 40 + 10 der Magdeburger Alma Mater wohl eher gering aus, meinte Museumsdirektor Dr. Matthias Puhle. Und doch seien es 50 wichtige Jahre in einem aufregenden Zeitabschnitt der Geschichte, der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, die diese Exposition dokumentiere.
Die Ausstellung, die allein aus Mitteln der Universität und des Kulturhistorischen Museums konzipiert und gestaltet wurde, könne gleichermaßen als ein Stück Evaluierung gesehen werden, erläuterte Rektor Prof. Dr. Klaus Erich Pollmann. Nicht nur dass die drei Vorgängereinrichtungen – Hochschule für Schwermaschinenbau, Pädagogische Hochschule und Medizinische Akademie – der Guericke-Universität vorgestellt würden, es werde auch der Nachweis erbracht, dass dem durch den Zusammenschluss entstandenen Ensemble von Fakultäten und Wissenschaftsdisziplinen eine außerordentliche Entwicklung beschert ist. Die Rückbesinnung auf den Grundcharakter der Universität sei, so der Rektor, durch die gegenwärtige Debatte über die Hochschulstruktur des Landes, aktueller denn je.
Die Hochschulen bzw. die Universität werden in der Ausstellung im engen Zusammenhang mit der Entwicklung von Stadt und Region betrachtet. Ihre Stellung in diesem Umfeld werde durch ausgewählte Beispiele beschrieben und der Betrachter zur Auseinandersetzung angeregt, erläuterte Prof. Dr. Mathias Tullner, der federführend bei der Vorbereitung der Ausstellung war. Dazu gehörten Erfindungen und Entwicklungen aus dem Bereich der Technikwissenschaften, beispielsweise die Kaffeeröstung und die Zuckertocknung im Wirbelschichtverfahren, ebenso wie neueste wissenschaftliche Erkenntnisse u.a. aus den Naturwissenschaften, der Medizin oder der in Magdeburg vertretenen Geistes- und Sozialwissenschaften. Die Ausstellung vermittle einen Einblick in das Wechselverhältnis von Universität bzw. Vorgängerhochschulen zur Stadt und Region auch insofern, als Probleme der medizinischen Betreuung, der Kontakte zu Betrieben sowie der Lehreraus- und -fortbildung in den Schulen aufgezeigt werden.
Die Universität habe Magdeburg zu einem attraktiven Forschungsstandort werden lassen, unterstrich Oberbürgermeister Trümper. Ausländische Studierende trügen Weltoffenheit nach Magdeburg. Sie und ihre Kommilitonen aus der gesamten Bundesrepublik hätten an der Universität gute Studienbedingungen gefunden, an denen auch die Stadt keine Abstriche zulassen wolle. Unverzichtbar sei eine Universität mit einer geisteswissenschaftlichen Fakultät.
Die Ausstellung „Guerickes Erben", die in außerordentlich kurzer Vorbereitungszeit entstand, sei keine Gesamtdarstellung der Geschichte der Otto-von-Guericke-Universität, betonte der Rektor. „Noch sind wir nicht so weit in der Aufarbeitung der Geschichte, als dass wir eine Gesamtdarstellung präsentieren könnten." Ein Prozess habe begonnen, ein Prozess der Geschichtsschreibung.
Der Zusammenschluss der drei Magdeburger Hochschuleinrichtungen bot und bietet die Chance, eine Universität mit einem breiten Ausbildungs- und Forschungsprofil aufzubauen, Impulse für die Wirtschaftsentwicklung in der Region und national zu geben und internationale Kontakte weiter auszubauen. Das entstandene Profil der Magdeburger Universität mit technischen Wissenschaften und Medizin, einer starken Informatik, mit profilorientierten Studiengängen, mit bedeutenden Wirtschafts-, Sozial- und Geisteswissenschaften, in denen die Lehrerbildung eine ganz zentrale Rolle spielt, habe sich bewährt, so der Rektor.
Neben der Universität sind am Wissenschaftsstandort Magdeburg leistungsstarke Forschungsinstitute zu finden, beispielsweise das Leibniz-Institut für Neurobiologie oder Planck- und Fraunhofer-Institut. Zu ihnen hat die Universität enge Kooperationen aufgebaut. Auch diese Zusammenarbeit spiegelt sich in der Exposition anschaulich wider. Ebenso wird die Mitwirkung der Universität an der Stärkung des Wirtschaftsstandortes und einer modernen Wirtschaftsstruktur in Sachsen-Anhalt mit der Präsentation von Ergebnissen der Projekte Mahreg, InnoMed oder der Experimentellen Fabrik aufgezeigt.
Die Ausstellungsbesucher finden auch zahlreiche Beispiele der internationalen Beziehungen der neun Fakultäten. Die international ausgerichteten Studiengänge mit Master- bzw. Bachelorabschluss führten zu einer bedeutsamen Erhöhung des Anteils ausländischer Studierender auf derzeit 11 Prozent.
Die Präsentation begleitet eine Publikation, die Nummer 19 der Magdeburger Museumshefte. In ihr, wie auch in öffentlichen Vorträgen im Rahmen der Ausstellung, erfolgt eine Auseinandersetzung mit dem Repressionsapparat der DDR und der Frage, inwieweit die Entwicklung von Forschung und Lehre politisch beeinflusst wurde bzw. sich nach der wissenschaftsimmanenten Logik entfalten konnte. Darüber hinaus wird gezeigt, welchen Anteil Hochschulangehörige an der friedlichen Revolution genommen haben und wie sich der Prozess der Erneuerung der Hochschulen vollzogen hat. An Beispielen wird der Neuaufbau von Hochschulbereichen nach 1990 und nach der Gründung der Otto-von-Guericke-Universität im Jahre 1993 demonstriert. Exponate, Publikationen und Veranstaltungen befassen sich auch mit der Frage, warum es in Magdeburg erst nach dem Zweiten Weltkrieg zur Gründung von Hochschulen im modernen Sinne kam. Dabei wird auf die reiche Tradition Magdeburgs als Ort der Bildung aufmerksam gemacht. Daher beginnt die Auseinandersetzung mit der Bildungsproblematik im 10. Jahrhundert, als in der Zeit Kaiser Ottos des Großen an der berühmten Domschule ein erheblicher Teil der Elite des Reiches ausgebildet worden ist. Über herausragende „Hohe Schulen" des Mittelalters wird auf die höhere Magdeburger Bildungsgeschichte der Zeit nach der Reformation hingewiesen. Dem Namenspatron der Universität Otto von Guericke und seinem Werk wird selbstverständlich große Aufmerksamkeit gewidmet.
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Die moderne Universität Magdeburg – gleichermaßen geprägt durch die Medizinische Fakultät, hier im Vordergrund zu sehen eine Herz-Lungen-Maschine, wie durch geistes-, sozial- und erziehungswissenschaftliche Fächer. |
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Erinnerungen an längstvergangene Studientage. Zu sehen sind in diesem alten Hörsaalgestühl „Schmierereien" auf den Bänken des Hörsaals 4, zum Teil mit politischem Inhalt. |
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Zur Ausstellungseröffnung inszenierten Studierende des Instituts für Musik die Musikinstallation „Raum als Musikinstrument im Raum". |
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Alte Rechentechnik aus der Informatik und Maschinen aus dem Institut für Füge- und Schweißtechnik. |