Algorithmische Geometrie

10.07.2003 -  

Theoretische Informatik/Algorithmik

Bevor Stefan Schirra den Lehrstuhl für Theoretische Informatik/Algorithmik am Institut für Simulation und Graphik zum Wintersemester 2002/03 übernahm, war er sozusagen im „Industriepraktikum". Als Consultant arbeitete er für die Saarbrücker Beratungsgesellschaft think&solve. Studiert und promoviert hat Stefan Schirra an der Universität des Saarlandes. Seine Dissertation beschäftigte sich mit approximativen geometrischen Bewegungsplanungsverfahren. Von 1991 bis 2000 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken. Dort leitete er zunächst die Arbeiten zur algorithmischen Bewegungsplanung und zu Rechengenauigkeitsproblemen. Später war er koordinierend und implementierend an der Entwicklung von CGAL beteiligt. CGAL ist eine in Kooperation mehrerer Forschungsinstitute und Universitäten in Europa und Israel entstandene C++-Softwarebibliothek für grundlegende geometrische Algorithmen und Datenstrukturen. Sie zeichnet sich besonders durch Effizienz, Anpassbarkeit und die Option zu exaktem geometrischen Rechnen aus. Stefan Schirra habilitierte sich 1999 an der Universität des Saarlandes.

Arbeitsgruppe aufgebaut

Die von Professor Schirra an der hiesigen Fakultät für Informatik aufgebaute Arbeitsgruppe Theoretische Informatik/Algorithmik befasst sich mit dem Entwurf und der Analyse effizienter Algorithmen. Einen Schwerpunkt bildet dabei die Algorithmische Geometrie. Die Algorithmische Geometrie beschäftigt sich mit der Entwicklung von effizienten und praktikablen Algorithmen zur Lösung geometrischer Probleme und der Bestimmung der algorithmischen Komplexität solcher Probleme. Der Einfluss der Algorithmischen Geometrie auf ihre potenziellen Anwendungsgebiete, beispielsweise Computergrafik, geographische Informationssysteme, CAD, Bildverstehen oder Bewegungsplanung in der Robotik, ist jedoch noch geringer als er aufgrund der in der Algorithmischen Geometrie erzielten Resultate sein müsste. Das hat verschiedene Gründe. Einer ist sicher, dass die entwickelten asymptotisch effizienten Algorithmen erst bei größeren Datenmengen besser sind als naive Verfahren. Angesichts immer billiger werdender Speichermedien und immer größer werdender Datenmengen in den Anwendungsgebieten werden die in der Algorithmischen Geometrie entwickelten Verfahren aber für die Praxis immer interessanter. Einer der Hauptgründe für den relativ geringen Einfluss auf die Anwendungsgebiete ist die Diskrepanz zwischen dem in der Theorie benutzen Modell einer Rechenmaschine und real existierenden Computern: In der Theorie nimmt man in der Regel an, dass die Rechenmaschine mit beliebigen reellen Zahlen exakt rechnen kann, während in der Praxis meist inhärent ungenaue Gleitkommaarithmetik als Ersatz für reelle Arithmetik verwendet wird. Dies führt, bei geometrischen Algorithmen mehr als in anderen Bereichen, zu großen Problemen mit Korrektheit und Robustheit der Implementierungen. Stefan Schirra möchte mit seiner Forschung dazu beitragen, den Einsatz der in der Algorithmischen Geometrie entwickelten Verfahren in den Anwendungsgebieten zu erleichtern. Die Unterteilung in Theoretische und Praktische Informatik hält Stefan Schirra übrigens für wenig nützlich. Gute Forschung und Lehre in der Informatik setzt sich seiner Meinung nach sowohl mit theoretischen Grundlagen als auch mit konkreten Anwendungen auseinander.

 

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Prof. Dr. Stefan Schirra   Photo: Jop Sibeyn

Letzte Änderung: 10.07.2003 - Ansprechpartner: Webmaster