Universität im Museum
Ausstellung zum Universitätsjubiläum
Aus Privatbesitz präsentiert die Ausstellung „Guerickes Erben. 50 Jahre Hochschulstandort – 10 Jahre Otto-von-Guericke-Universiät" im Kulturhistorischen Museum ein auf den ersten Blick unscheinbares Unikat, das den DDR-Bobsportlern bei internationalen Wettbewerben im Eiskanal den entscheidenden Vorsprung vor der westlichen Konkurrenz sichern sollte. Mit der Entwicklung einer Forschungsgruppe der Sektion Maschinenbau an der Technischen Hochschule Magdeburg unter der Leitung von Professor Gerd Fleischer war es seit 1976 möglich, die Härte des Eises zu prüfen und damit seine wesentlichen Eigenschaften zu bestimmen. Nach umfangreichen Tests gelang es den Wissenschaftlern im Rahmen der so genannten Sportforschung, einen Zusammenhang zwischen dem Kufenmaterial, den meteorologischen Bedingungen und den Eisparametern herzustellen. So konnten die Reibungsverhältnisse im Hinblick auf hohe Gleitgeschwindigkeiten optimiert und die besten Kufen bestimmt werden. Die zahlreichen Medaillen des DDR-Bobsports wären damit auch als Bestätigung der Leistung der Magdeburger Forschungsgruppe „Eishärteprüfgerät" zu werten. Der Einsatz dieser Neuentwicklung vor und in den Wettbewerben war „top-secret" und blieb unbemerkt.
Neben einem derartigen Kuriosum würdigt die Ausstellung vor allem aber solche wissenschaftlichen und ingenieurtechnischen Leistungen, die Meilensteine der jüngsten Vergangenheit darstellen und zeigt auch die Entwicklungsgeschichte dieser Innovationen. So ist zum Beispiel aus dem Institut für Förder- und Baumaschinentechnik, Stahlbau, Logistik der Nachbau eines Flaschenzuges von Leonardo da Vinci (1452-1519) mit insgesamt 19 Rollen zu sehen, die der geniale Denker übereinanderhängend kreisförmig angeordnet hat. Das Gerät ermöglicht es, mit einer Kraft von zehn Kilopond ein Gewicht von 100 Kilogramm zu heben. Der funktionsfähige Nachbau diente der Fachausbildung Fördertechnik und war zudem im Rahmen der „Neuen Magdeburger Experimente" eingesetzt. Flaschenzüge mit sechs Rollen wurden mehrere Jahrhunderte als Hebezeuge genutzt. Leonardo berechnete sogar Züge mit 120 Rollen. Zu den mit einem Wirtschaftspatent versehenen Entwicklungen aus dieser Einrichtung gehört der „Schlauchgurt-Senkrechtförderer" (um 1980) mit einer weltweit einmaligen und patentrechtlich geschützten Lösung in der Schüttgutfördertechnik.
Darüber hinaus entstand eine international anerkannte Lehrbuchreihe sowie u.a. bereits 1969 der Entwurf einer Fußgängerbrücke für die zerstörte Sternbrücke. Die Ausstellung, die auch Einblicke in das studentische Leben jener Zeit gibt, ist noch bis zum 31. Oktober 2003 dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr geöffnet.
Der Nachbau eines Flaschenzuges von Leonardo da Vinci (1452-1519) mit insgesamt 19 Rollen. | |
Das „Eishärteprüfgerät" der Magdeburger Forscher verhalf den DDR-Bobsportlern zu zahlreichen Medaillen. Photos: Jutta Rödling |