Zum Furchtgedächtnis
Der Mensch, wie jedes andere Säugetier, lernt durch Sozialisierung oder schmerzvolle Erfahrung, bestimmte Verhaltensweisen zu vermeiden, aus Angst, verletzt zu werden. Solche Erinnerungen werden im Gehirn außerordentlich schnell und lange im Furchtgedächtnis gespeichert. Wissenschaftler vom Institut für Physiologie haben nun erstmals Mechanismen im Gehirn von Mäusen beschrieben, die beim Abruf des Furchtgedächtnisses ablaufen und zu den bekannten Reaktionen, wie Schreckstarre, Erhöhung des Blutdruckes und gesteigerte Herzaktivität, führen. Wie sie in der Zeitschrift Science (8.8.2003, Bd. 301, S. 846-850) berichten, arbeiten bei Darbietung eines zuvor erlernten Furchtreizes zwei verschiedene Hirnregionen zusammen, indem ihre elektrische Aktivität zeitlich miteinander synchronisiert wird. Diese Synchronisation tritt vor allem immer dann auf, wenn der Reiz eine Furchtantwort im Verhalten auslöst. Das ist der erste Hinweis darauf, dass eine zeitliche Synchronisation der Aktivität in verschiedenen Hirnregionen eine Rolle beim Abruf emotional bedeutsamer Gedächtnisinhalte spielt.
Die Magdeburger Forscher um Prof. Dr. Hans-Christian Pape suchten Antwort auf die Frage, wie die Konfrontation mit einem Furcht auslösendem Reiz die Aktivitätsmuster im Gehirn beeinflusst. Es zeigte sich, dass die elektrische Aktivität der Nervenzellen in zwei Hirnregionen des so genannten limbischen Systems (der Amygdala und des Hippocampus) in einem Frequenzbereich von vier bis sieben Hertz, der so genannten Theta-Frequenz, synchronisiert werden. Diese Synchronität trat nur in Zusammenhang mit emotional bedeutenden Reizen oder Reizzusammenhängen auf und war nicht zu beobachten, wenn entsprechende vorhergehende Erfahrungen fehlten. Diese Aktivität beschränkte sich darüber hinaus auf zeitliche Phasen der Schreckstarre, die auch eine instinktive Reaktion auf plötzlich auftretende Furcht auslösende Reize darstellt.