Otto-von-Guericke-Universität - eine Erfolgsgeschichte
Akademischer Festakt zum Jubiläum "50 Jahre Hochschulstandort - 10 Jahre Otto-von-Guericke-Universität"
Das Doppeljubiläum "50 Jahre Hochschulstandort - 10 Jahre Otto-von-Guericke-Universität" sei eine Gelegenheit, sich auf - wenn auch noch junge - Traditionen zu besinnen und die Erneuerung nach 1989 zu werten, führte Magnifizenz Prof. Dr. Klaus Erich Pollmann in den akademischen Festakt zum Universitätsjubiläum Anfang Oktober 2003 ein. Die Gründungsidee für die Otto-von-Guericke-Universität sei die Verknüpfung der Disziplinen Technik-, Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaften sowie Medizin gewesen. Am Festakt nahm auch der damalige Wissenschaftsminister Prof. Dr. Rolf Frick teil. Die Universität arbeite eng mit den Forschungseinrichtungen zusammen, deren Leiter ebenfalls Gäste des Festaktes waren. Eine internationale Universität sollte die Neugründung werden. Mit einem Anteil von 12 % ausländischen Studierenden liegt sie heute weit über dem Bundesdurchschnitt. Von den befreundeten Universitäten aus dem Ausland konnten zahlreiche Gäste begrüßt werden. Ein weiteres Anliegen sei damals die enge regionale Verflechtung der Universität gewesen, umgesetzt beispielsweise in der Experimentellen Fabrik oder dem Zentrum für Neurowissenschaftliche Innovation und Technologie. Gäste dieser Einrichtungen sowie der Hochschulen in Sachsen-Anhalt und der Partneruniversität in Braunschweig konnte der Rektor ebenfalls begrüßen.
Die Hochschulen stünden in der Zukunft vor einer schwierigen Situation, die sozio-ökonomischen und demographischen Faktoren hätten sich anders als erwartet entwickelt, Sachsen-Anhalt habe mit Abwanderung und Überalterung zu kämpfen, unterstrich Rektor Pollmann. Die Universität jedoch hole junge Menschen ins Land. Über 11000 sind es inzwischen, die für vier oder mehr Jahre ihren Lebensmittelpunkt in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt verlegten, um an der Otto-von-Guericke-Universität zu studieren.
Die ersten zehn Jahre seien meist die risikoreichsten und schwierigsten, sagte Prof. Dr. Wolfgang Böhmer, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, auf dem Festakt. Wer sie überstehe, habe gute Aussichten, es weiter zu schaffen. Er erinnere sich noch genau an die Diskussion um die Universitätsgründung. Damals sei die Entscheidung im Bewusstein getroffen worden, wer ein Land aufbauen wolle, müsse in die Bildung investieren. Nur dann habe das Land eine Chance, wenn innovative Hochschulen entstünden, die auch für die Praxis ausbilden. Zur gegenwärtigen Strukturdiskussion meinte der Ministerpräsident, dass eine wichtige Aufgabe zu lösen sei, aber auch eine Chance, das Land als Hochschulstandort auszubauen, eröffnet werde. "Wir sind mit der Entwicklung der Otto-von-Guericke-Universität auf einem guten Weg", resümierte Professor Böhmer.
Die Bedeutung der Universität für die Stadt Magdeburg hob Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper in seinem Grußwort hervor. Sie sei als einer der größten Arbeitgeber ein Wirtschaftsfaktor, aber auch ein Motor für die Wirtschaft und Schnittstelle zu anderen wissenschaftlichen Einrichtungen der Stadt, sie sei eine Bereicherung des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens in der Stadt, beispielsweise durch die Studierenden, und sie mache Magdeburg durch ihre Internationalität zu einer weltoffenen Stadt.
Völlige Gleichrangigkeit
Der Festredner der Jubiläumsveranstaltung, Prof. Dr. M. Rainer Lepsius, emeritierter Soziologie-Professor der Universität Heidelberg, hatte sich 1990 in den Dienst des Neuaufbaus der Hochschulen in Sachsen-Anhalt gestellt. Er schätzte nach nunmehr einem Jahrzehnt ein, dass die Universitäten im Osten eine völlige Gleichrangigkeit in Ausstattung, Leistungsfähigkeit und Prestige mit den Universitäten im Westen erreicht haben. Die Zeit der Universitätsgründung war getragen von einer Entscheidungsfreudigkeit der Verwaltung, relativ vollen Kassen und einer gewissen Euphorie. Die Zeiten haben sich geändert. Welche Tendenzen zeichnen sich ab? Universitäten seien multifunktionale zugleich aber einheitliche Organisationen von in sich ganz unterschiedlichen Aufgaben und Kriterien für deren Verwirklichung. Sie müssten verschiedene Rationalitäten miteinander verbinden - Forschung, Lehre und Praxis. Dies sei schwer kombinierbar und erfordere eine Differenzierung der Kriterien. Während sich die Forschungsaufgabe auf Erkenntnis richte, habe die Lehre die Vermittlung von Wissen und die Schulung in das Wissen zur Aufgabe. Die Praxis ziele auf die Wissensanwendung in einem Kontext ab, der nicht von der Hochschule bestimmbar sei. Das Zentrum dieser drei Aufgaben einer Universität bilde jedoch die Forschung, so Festredner Rainer Lepsius. Sie legitimiere eine relative Autonomie der Lehre und garantiere den Fortschritt in der Praxis. In den Universitäten müssten sich Einheiten bilden, die Forschung, Lehre und Praxis verbinden. Dies führe zu Spannungen. Durch die Bildung von Organisationseinheiten und Rollenzuschreibungen von Individuen und Personen ließen sich diese Probleme lösen. Organisationseinheiten sind die Disziplinen wissenschaftlichen Forschens. Sie organisierten sich über theoretische und methodische Fragestellungen zur Problemlösung. Die Lehre hingegen organisiere sich über die Wissensvermittlung an junge Leute und ihre Einführung in die Wissenschaft.
Eingehend auf die Effizienzproblematik deutscher Universitäten meinte der Redner, dass es alle begrüßen, ja fordern, dass ein großer Anteil eines jeden Jahrganges eine höhere Bildung in Anspruch nehme. Eine hohe Partizipation an Bildung sei ein Schritt hin zur Modernisierung der Gesellschaft. Ist diese Massenelokation aber mit den alten Strukturen durch die Universitäten noch zu bewältigen? Professor Lepsius plädierte für den Abbau der Überforderung der Universitäten in ihrer Einheit von Forschung, Lehre und Praxis. Sie sollten vielmehr zu einem Diskursraum werden, der freigesetzt wird von der strikten Ökonomisierung sowie Aufwuchs- und Ertragskalkulation.
Zum Gelingen des akademischen Festaktes zum Jubiläum trugen der Magdeburger Universitätschor und das Akademische Orchester unter der Leitung von KMD Günther Hoff sowie der Pianist, Hermann Müller, Dozent am Institut für Musik, bei. Zum Auftakt erklang die Fantasie für Klavier, Chor und Orchester c-Moll von Ludwig van Beethoven. Mit Georg Philipp Telemanns Ouvertüre D-Dur wurden die Gäste des Festaktes verabschiedet.