Den Grundstein gelegt
Erster Sieben-Tesla-Magnetresonanztomograph in Europa
Innerhalb der kommenden eineinhalb Jahre soll am Magdeburger Hirnforschungszentrum der erste Sieben-Tesla-Magnetresonanztomograph in Europa aufgebaut werden. Der Grundstein wurde Anfang November 2003 gelegt. Für den rund 10 Mio. Euro teuren Tomographen wird auf dem Medizinischen Campus eigens ein Gebäude errichtet. Durch dieses neue Gerät seien die Voraussetzungen gechaffen, dass die Elbestadt künftig in der Hirnforschung weltweit ganz vorn mitmischen könne, unterstrich Ministerpräsident Prof. Dr. Wolfgang Böhmer bei der Grundsteinlegung.
Die mit diesem Gerät erreichbare Feldstärke entspricht etwa der 140000-fachen Stärke des Erdmag-netfeldes. "Damit werden sich Hirnfunktionen berührungslos und ohne StrahlenbeIastung mit bislang unerreichbarer Genauigkeit untersuchen lassen", sagte Prof. Dr. Henning Scheich, Direktor des Leibniz-Instituts für Neurobiologie. "Wir werden damit wissenschaftliches Neuland betreten." Entwicklung und Bau des Magnetresonanztomographen dieser neuen Generation sind auch für den Hersteller, die Siemens Medical Solutions, eine technologische Herausforderung.
Auf vielen Gebieten arbeiten die Wissenschaftler des Leibniz-Instituts eng mit Forschern unserer Universität zusammen. Ausdruck für die aus dieser Partnerschaft erwachsene Kompetenz auf dem Gebiet der Hirnforschung ist die Etablierung des "Center for Advanced Imaging" (CAI) – eines von nur fünf bundesweit existierenden Zentren für die nicht-invasive Bildgebung. Hier stehen für die Forschung und klinische Diagnostik bislang zwei Magnetresonanztomographen (1,5 und 3 Tesla), ein Ganzkopf-Magnetenzephalograph sowie ein tierexperimenteller Magnetresonanztomograph (4,7 Tesla) zur Verfügung. Im März 2002 befürwortete eine Expertenkommission im Bundesministerium für Bildung und Forschung den Bau des Ultrahochfeld-Magnetresonanztomographen. Diese Entscheidung ermöglicht habe eben jene enge Zusammenarbeit von Leibniz-Institut und Universität und die daraus hervorgegangenen exzellenten wissenschaftlichen Erkenntnisse, hob Rektor Prof. Dr. Klaus Erich Pollmann hervor.
In der Kemspintomographie macht man sich den Eigendrehimpuls von Elementarteilchen zu Nutze. Aus den gewonnenen Messdaten lassen sich im Computer sowohl räumliche Bilder als auch Informationen über die chemische Zusammensetzung des untersuchten Objektes gewinnen. In der Medizin können so Unterschiede im Gewebe studiert werden, die z.B. bei der Diagnostik von Schlaganfällen und chronisch entzündlicher Hirnerkrankungen helfen.
Inzwischen ist es möglich, die Aktivität von Nervenzellen im Gehirn zu erfassen und bildlich darzustellen. Die funktionelle Magnetresonanztomographie beruht auf Messungen von Änderungen im Sauerstoffgehalt des Blutes, die in direkter Beziehung zur Nervenzellaktivität stehen. Bis auf wenige Millimeter genau lassen sich die Aktivitätsmuster im menschlichen Gehirn studieren.
"Unser Ziel ist es, mit dem neuen Gerät neuronale Mechanismen höherer Funktion zu ermitteln. Wir versprechen uns beispielsweise grundlegende Erkenntnisse auf dem Gebiet der Gedächtnisforschung", erläuterte Prof. Dr. Hans-Jochen Heinze, Direktor der Klinik für Neurologie II. Genauere Einblicke in Hirnaktivität liefern elektrophysiologische Ableitungen aus dem Gehirn, die allerdings meist nur im Tierversuch möglich sind. Bei gesunden Menschen verbietet sich diese invasive Messmethode. Von einer Steigerung der Feldstärke in der funktionellen Magnetresonanztomographie auf sieben Tesla ist jedoch eine deutlich höhere Sensitivität der funktionellen Bildgebung und damit eine detailgetreuere Abbildung der Hirnaktivität ohne Eingriff zu erwarten.
Einen großen Nutzen versprechen sich die Neurobiologen insbesondere von den erweiterten Möglichkeiten der Magnetresonanzspektroskopie bei hohen Feldstärken, mit der man das Vorkommen sowie die Konzentration verschiedener Stoffwechselprodukte im Gehirn bestimmen kann. Durch Messungen zu verschiedenen Zeitpunkten ist es möglich, deren dynamischen Auf- und Abbau im Gehirn eines Menschen zu verfolgen, um durch Analyse der lokalen Stoffwechselwege und ihrer Störungen künftig medikamentöse Therapien zu verbessern.