Poetische Geschichten von Liebe und Unendlichkeit
Neuinszenierungen für Erwachsene am Puppentheater
Das Magdeburger Puppentheater hat sich mit einem Stückerepertoire für Erwachsene auch außerhalb der legendären Buckauer Hofspektakel als ein weit über die Region hinaus bekanntes innovatives Theater der besonderen Art profiliert. Mit Kleine Geschichten über die Liebe und Novecento. Die Legende vom Ozeanpianisten sind zwei neue Stücke für Erwachsene im Programm, die seit ihrer Premiere immer für ausverkaufte Vorstellungen sorgen.
Bei Novecento. Die Legende vom Ozeanpianisten nach Allessandro Bariccos Meisternovelle glaubt man auf hoher See zu sein. Keine Musik hört man, keinen Jazz, keinen Swing auf dem Piano und doch ist Musik allgegenwärtig. Und auf Danny Boodmann T.D. Lemon Novecento, der als Baby im Ballsaal ausgesetzt von einem Matrosen in einer Zitronenkiste am ersten Tag des Jahres 1900 gefunden wurde und 40 Jahre auf dem Ozeandampfer über die Weltmeere schipperte, mit Jazz und Ragtime als Ozeanpianist auf der "Virgian" die Leute verzauberte und nicht einmal an Land ging, wartet man in dieser poetischen Geschichte lange. Die Inszenierung ist ein Spiel mit der Phantasie und ein phantastisches Spiel zu gleich. Wie eine Allegorie mutet diese Reise im geschützten Schiffsbauch durch Raum und Zeit und durch das vergangene Jahrhundert an. Die Welt findet innen statt und die Welt kam in all den Jahren zu Novecento ("1900"), der sie beobachtete, ihr zuhörte und in den Menschenschicksalen lesen konnte. Dem Schweizer Regisseur Markus Joss gelang in der langen gemeinsamen Projektentwicklung mit dem künstlerischen Leiter des Puppentheaters Frank Bernhardt und dem außergewöhnlichen Puppentheaterkünstler Florian Feisel ein szenischer Monolog. Der Text selbst und die Art und Weise wie Florian Feisel in den verschiedenen Rollen und im symbolträchtigen Spiel mit, auf, im, über, neben und unter dem "Schiff" diesen Text sprachlich auslotet, ist wie Musik. Dieses "Schiff", die Heimat von Novecento, ist ein fahrbarer Container. Es ist wahrlich eine multifunktionelle "Zauberkiste", die sich wie von Geisterhand auf verschlungenem "Kurs" bewegt, im Sturm schwankt, sich wie ein Kreisel dreht, kippt und in immer neuen Erfindungen einen ganzen Kosmos der Welt auslotet. Unendlich viel Phantasie haben Regisseur und Akteur in dieses genau auf den Text ausgerichtete Spiel mit diesem Objekt walten lassen, um die wundersame Geschichte erlebbar werden zu lassen. Immer wieder hat dabei Florian Feisel im "Spiel" mit dem Container-Objekt verblüffende, waghalsige, ja fast schon artistische Erfindungen bereit, die eindrucksvoll sind. Ohne Peinlichkeit kriecht Novecento am Schluss körpernackt in einen großen schwebenden Ballon. Wie ein Embryo im Leib der Mutter schützt er sich vor der Gefahr. Es ist so, als ob er seine innere Unendlichkeit der Unendlichkeit der äußeren, bedrohlichen Welt, die für ihn in seinem ganzen Leben nur aus den 88 Tasten seines Klaviers bestand, vorzieht.
Das Stück Kleine Geschichten über die Liebe ist eine Bilderbuchgeschichte der schwedischen Autorin Marit Törnquist. Der Regisseur Alexej Leliavskij erzählt in poetischen Bildern von Begegnungen eines kleinen Mädchens, das auf einem Pfahl mitten im Meer sitzt, mit Booten und Schiffen. Nis Sogaard und Claudia Trost als Puppenschauspieler beleben mit großem Einfühlungsvermögen und Können die von Sascha Vakramejew erschaffene wunderbare zauberhaft verspielte Welt von Schiffen und Booten mit ganz wundersamen Figuren und Gerätschaften. Die poetische Inszenierung wirkt im Zusammenspiel mit vielen Formen des Spiels, von Licht, Musik und akustischen Geräuschen wie ein "Gesamtkunstwerk" und erzählt auf berührende und nachdenklich stimmende Art und Weise viel von den Sehnsüchten der Menschen, ihren Träumen und Hoffungen und der Poesie der Welt.
Wunderbare Erlebnisse der kleinen Form mit großer nachhaltiger Wirkung.